Jihad im ­Regen

Die Hamas hat im Gaza-Streifen an Popularität verloren. kommentar von jörn schulz

Die Abgeordneten des Europa-Parlaments haben kaum Einfluss, dementsprechend wenig Interesse bringt die Öffentlichkeit ihrer Arbeit entgegen. Hin und wieder lobt sie aber doch jemand. »Wir von der Hamas sind sehr dankbar für die Initiative der EU-Parlamentarier und ihren Aufruf«, sagte Sami Abu Zuhri, ein Sprecher der islamistischen Organisation, am Freitag der vorigen Woche. Die Abgeordneten hatten u.a. eine »Aufhebung der Blockade« gefordert, Israel solle »seinen internationalen Verpflichtungen als Besatzungsmacht im Gaza-Streifen« nachkommen. Den Abgeordneten ist offenbar entgangen, dass die israelische Armee sich vor zweieinhalb Jahren aus dem Gaza-Streifen zurückzog.

Auch die Hamas soll sich besser benehmen, »verhindern, dass palästinensische Milizen Raketen vom Gaza-Streifen auf israelisches Gebiet abfeuern«, und den Friedensprozess unterstützen. Diesen Teil der Entschließung kommentierte Zuhri nicht, was aber auch nicht nötig war, da die Hamas am Morgen bereits zwei ihrer Qassam-Raketen auf Israel abgefeuert hatte.

Die israelische Regierung wird derzeit mit Mahnungen überhäuft. Wie der Hamas die Herrschaft über den Gaza-Streifen wieder entrissen werden kann, weiß jedoch niemand. Eine wachsende Zahl von Israelis fordert eine Großoffensive. Doch auch die Befürworter sehen in härteren militärischen Maßnahmen keine Lösung, der Hamas soll demonstriert werden, dass der ständige Beschuss nicht folgenlos bleiben kann.

Wohl gerade weil die Hamas sich in eine schwierige Lage manövriert hat, gebärdet sie sich provokativer denn je. Sie gehörte zu den wenigen islamistischen Organisationen, die zugleich mit Sozial- und Bildungseinrichtungen eine Klientel an sich zu binden versuchte und den Jihad führte. So konnte sie sich als nicht korrupte und militante Alternative zur Fatah empfehlen. Seit der gewaltsamen Machtübernahme im Gaza-Streifen ist allein die Hamas verantwortlich für die Versorgung der Bevölkerung. Die Entscheidung, als regierende Partei die Angriffe auf Israel noch zu verstärken, war eine Entscheidung für den Jiha­dismus.

Ein Teil der Führung befürwortet Kompromisse, da die Popularität der Hamas gesunken ist und die dauerhafte Elendsverwaltung für die Islamisten keine guten Perspektiven bietet. Die Jihadisten setzten sich jedoch durch, und sie wollen nun offenbar verstärkt die Zivilbevölkerung einsetzen. Am Montag sollte sich eine Menschenkette an der Grenze zu Israel versammeln, noch am Morgen drohte Zuhri, man werde mit »allen möglichen Mitteln« die Blockade brechen. Es wurden jedoch nur ein paar Reifen angezündet, statt der erwarteten 50 000 Teilnehmer kamen nur 5 000. Das lag wohl nicht nur am Regen, den die Islamisten verantwortlich machten.