Blackout mit RWE

RWE will sich in Griechenland am Bau von Kohlekraftwerken beteiligen. Vehemen­te Proteste behindern den Plan. Von ralf dreis, vólos

Die Erfahrung, dass Kohlekraftwerke auch in Grie­chenland nicht den besten Ruf genießen, machten in den vergangenen Wochen die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) und der staatliche griechische Energiekonzern (DEI). Obwohl die Zentrale von DEI in Athen von Sondereinheiten der Polizei geschützt wurde, stürmten am 26. Februar mehrere hundert Mitglieder der Gewerkschaft Genop-DEI schon zum zweiten Mal eine Aufsichtsratssitzung des Konzerns. Sie verhinderten damit erneut die Verabschiedung eines Memorandums zur Zusammenarbeit mit RWE.

Seitdem bekannt wurde, dass die Konzerne planen, zwei 1 600-Megawatt-Kohlekraftwerke bei Vólos und Kavála zu errichten, reißen die Proteste von Anwohnern, Umweltschützern und der Gewerkschaft nicht ab. Ende Februar blockierten empörte Bewohner des Städtchens Almy­rós bei Vólos für mehrere Stunden die Nationalstraße. In Kavála demonstrierten Anfang März knapp 15 000 Menschen gegen den geplanten Kraftwerksbau. Vergangene Woche gründete sich ein nationales Widerstandskomitee, dessen De­legierte aus den Orten, die für den Bau neuer Kohlekraftwerke im Gespräch sind, die Proteste koordinieren sollen.

Der Plan von DEI und RWE sieht bei den zwei kon­kreten Kraftwerksprojekten eine 51prozentige Beteiligung für RWE und den Einstieg einer gemeinsamen Tochtergesellschaft ins griechische Erdgasgeschäft vor. Dies wird möglich, da DEI bei der geplanten Privatisierung des staatlichen Gasunternehmens DEPA 30 Prozent Übernahme garantiert sind. Auch bei den vorgesehenen Inves­titionen von DEI in Bulgarien und Rumänien wäre RWE automatisch Teilhaber. DEI-Geschäftsführer und Aufsichtsratsvorsitzender Tákis Athanasópoulos begründet dieses für RWE überaus lukrative Angebot mit dem fehlenden eigenen Know-how, während »RWE bei der Kohleverstromung über den letzten Schrei der Technik« verfüge.

Katerína Daskaláki, eine Umweltschützerin aus Vólos, wies im Gespräch mit der Jungle World darauf hin, dass sowohl RWE als auch der deutsche Konzern Evonik Anfang des Jahres wegen »stei­gender Kosten für die CO2-Zertifikate und der gesellschaftlichen Widerstände« öffentlich ihren Rückzug aus der Kohleverstromung in Deutschland bekannt gegeben haben. »Die wollen mit dem Dreck, der in Deutschland auf Widerstand stößt, bei uns in Griechenland Profit machen«, vermutet sie.

Auch die Vertreter von Genop-DEI überzeugte Athanasópoulos keineswegs mit dem Hinweis auf gefährdete Arbeitsplätze und der Drohung, dass »ohne die Zusammenarbeit mit RWE spätestens 2014 die Lichter ausgehen«. Sie betonten auf einer Pressekonferenz am 27. Februar, »dass hier die Privatisierung der DEI durch die Hintertür betrieben« werden solle. Was das in Hinblick auf Arbeitsplätze bedeute, sei allen klar.

Athanasópoulos sieht die Zusammenarbeit mit RWE inzwischen als ernsthaft gefährdet an und macht dafür »die Desinformation der griechischen Gesellschaft durch die Gewerkschaft« verantwortlich. Er selbst fiel während der verhinderten Aufsichtsratssitzung jedoch dadurch auf, dass er die Arbeiter anbrüllte: »Was wollt ihr über­haupt? Kohlendioxid ist nicht umweltschädlich, wir trinken es doch alle täglich in der Limo, im Bier und in der Cola!«

Die Genop-DEI sorgt dafür, dass schon jetzt im ganzen Land immer wieder die Lichter ausgehen. Sie verknüpfte ihre Proteste mit dem Widerstand gegen die am 11. März ins Parlament eingebrachte Rentenreform der konservativen Regierung und befindet sich seit dem 3. März ununterbrochen im Streik. Insgesamt 19 Strom produzierende Kraftwerke mit einer Kapazität von 6 500 Megawatt, der Hälfte der griechischen Produk­tion, sind von den Arbeitern besetzt. Regierungssprecher riefen die Bevölkerung zum Stromsparen auf, da die Gefahr eines generellen Blackouts bestehe. Die Genop-Vollversammlung beschloss, am 12. März zu streiken, bis die Regierung zu Verhandlungen über die Rentenreform bereit ist. Die Reform soll bis zum 25. März im Par­lament verabschiedet werden.