LeserInnenworld

Hoch die Internationale!
Jungle World 14/08: Der letzte linke Student
»Tibet wird von einem Mönchsgott geleitet. Und ein Mönchsgott: ist gegen die Aufklärung. Denn: ein Mönchsgott ist Opium für das Volk.« Woher kommt denn dieses? Tibet darf sich zwar autonom nennen, wird aber von einem chinesischen Politkommissar regiert. Religiöse Freiheit wird beschränkt, im Gegenteil, es gibt Umerziehungskurse: schon was von den Laogai – Gefangenenlagern – gehört, ähnlich den frühen russischen Gulags? Übrigens wohnt der Dalai Lama seit 50 Jahren in Indien. Wirkt Opium telepathisch? China hat während der »Kul­tur­re­vo­lu­tion« einige 1 000 Tempel und Klöster zerstört, Tausende TibeterInnen getötet, gefoltert und zwangssterilisiert. Ist man Rassist, wenn man das genozidähnliche Vorgehen kritisiert, oder relativiert sich das, weil es ja noch weitere fünf Millionen TibeterInnen gibt? Mir ist absolut unverständlich, wie der Autor dies zu rechtfertigen wagt. Wie ging das Lied von der sozialistischen Internationalen? »Die Internationale erkämpft das Menschenrecht.«
airgili

Pop, Feminismus, Bashing
Jungle World: Popfeminismus
Es ist beeindruckend, wie nach dem wirklich relativ schwammigen und oberflächlichen Special zu Popfeminismus die linke Universalismuskeule von Stakemeier und Raether geschwungen wird. Ohne irgendeinen theoretischen Ansatz werden zehn Hürden zum gottgleichen Blick übersprungen und wird der Popfeminismus in einer erzieherischen Ignoranz gebasht, dass einem Hören und Sehen vergeht. Besonders die Autorin Stakemeier hat es sich wohl zur populistischen Aufgabe gemacht (man kann auch durch Kritik von einem Hype profitieren, wenn man schon selbst keine guten Ideen hat), in Texten in Jungle World, Phase 2 und Testcard ohne produktiven analytischen Vorschlag die Linke als unoriginelles und pre-feministisches Projekt zu repräsentieren. Wahnsinnig schade, dass linke Kontexte zu den wirklich spannenden Vorschlägen der letzten Jahre, deren Höhepunkt für mich der Post-Porn-Politics-Kongress in Berlin eures Autoren Tim Stüttgen war, vollkommen nichts peilend und ohne Kreativität das Kind mit dem Wasser ausschütten.
tanya mayer

Durch Gängelung kompensieren
Jungle World: Neuer Online-Auftritt
Auch ich muss darüber mosern, dass die Ausgabe »von Tag zu Tag schrittweise freigeschaltet« wird. Das macht das Lesen der Jungle-World-online zur Qual. Ebenso das Fehlen einer Druckansicht (die ich noch nie zum Ausdrucken, wohl aber zum Lesen auf dem ganzen Bildschirm genutzt habe). »Sachzwanglogik« durch Gängelung der Leser zu kompensieren und negative Sanktionen für das Nicht-Kaufen eines Abos zu erteilen, läuft glücklicherweise konträr zum aktuellen Verständnis von Ex-Printmedien im Internet.
Ein vergraulter Leser aka online-schnorrer