Udo Voigts Gegner in der NPD

Bleiberecht für Voigt

Nach dem Bundesparteitag steht Udo Voigt zwar weiterhin an der Spitze der NPD. Doch seine Gegner warten auf einen günstigen Moment, den wegen der Finanzaffäre belasteten Vorsitzenden zu stürzen. Das Verhältnis zu den »Autonomen Nationalisten« ist weiterhin ungeklärt.

Schlecht schien es vor dem Bundesparteitag der NPD in Bamberg um den Bundesvorsitzenden Udo Voigt zu stehen. In der Presse wurde über seine »Entmachtung« spekuliert. Tatsächlich hatten einige seiner Kritiker in der Partei, wie etwa der Fraktionsvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, und der bei der niedersächsischen Landtagswahl kläglich gescheiterte und mittlerweile als Pressesprecher der mecklenburg-vorpommerschen Landtagsfraktion tätige Andreas Molau, eine Kandidatur um den Vorsitz in Erwägung gezogen.

Doch die Stellung, die Voigt sich in zwölf Jahren als Parteivorsitzender erworben hat, sicherte ihm vorerst noch die Sympathien seiner Anhänger. Immerhin zählt die NPD derzeit 7200 Mitglieder, fast doppelt so viele wie bei Voigts Amtsantritt. Unter seinem Vorsitz gelang es der rechts­extremen Partei, in zwei ostdeutsche Landtage in Fraktionsstärke einzuziehen.

Doch die Finanzaffäre um den ehemaligen Schatz­meister Erwin Kemna hat Voigt geschadet. Kemna soll eine Summe in Höhe von mehr als 627 000 Euro veruntreut haben und sitzt deshalb seit Februar in Untersuchungshaft. Eigentlich sollten auf dem Parteitag die offenen Fragen zur Affäre beantwortet werden. Einer, der für Aufklärung sorgen sollte, ist der Hamburger Landesvorsitzende und Rechtsanwalt Jürgen Rieger. Doch »Kamerad Rieger«, als den Voigt ihn in seiner Eröffnungsrede mehrfach für seine Arbeit und Spendenbereitschaft lobte, konnte nichts zur Klärung beitragen. Der Partei werde bis heute der Zugang zu den beschlagnahmten Unterlagen erschwert, sagte Rieger.

Auf neue Erkenntnisse hofften die Delegierten also vergebens. Vielmehr erlebten sie einen Vorsitzenden, der sich demonstrativ hinter Kemna stellte. Dieser sei ein »persönlicher Freund, auf den sich die Partei immer verlassen konnte«. »Aufgrund der staatlichen Verfolgung war Kemnas System der kreativen Geldbeschaffung notwendig«, befand Voigt. Der Erklärungsversuch überzeugte nicht alle von der Unschuld des ehemaligen Schatzmeisters, zumal Rieger zaghaft durchblicken ließ, dass »mehr gegen als für den früheren Kassenwart spricht«. Die Delegierten verweigerten dem Vorstand in einer Abstimmung deshalb auch die Entlastung.

Voigts Gegner hielten sich jedoch zurück. Sie scheinen abzuwarten: Denn erst wenn Kemna tatsächlich verurteilt werden sollte, wäre Voigt wohl wirklich am Ende. Pastörs wagte dennoch schon einmal einen kleinen Aufstand und griff Jürgen Rieger an, der Vorsitzender der parteiinternen Untersuchungskommission im Fall Kemna ist. Für ihn sei es unerklärlich, wie es möglich gewesen sei, »Hunderttausende Euro auf Konten ohne Kontrolle hin- und herschieben zu können«. Die Intimfeindschaft der beiden trat offen zutage, als Rieger dem Schweriner Fraktionsvorsitzenden vorwarf, im Jahr 2006 seine Wahl zum stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden hintertrieben zu haben. Dieses Mal verhinderte niemand die Wahl Riegers. Er wurde mit fast 75 Prozent der Stimmen stellvertretender Parteivorsitzender.

Nach der Wahl meldete sich jedoch Molau zu Wort: Für ihn sei die Wahl Riegers »eine politische Katastrophe«. Molau, der auch wieder in den Bundesvorstand gewählt wurde, sorgt sich um das Image der Partei. Der mehrfach wegen Volksverhetzung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Körperverletzung verurteilte Rieger hat sich nämlich nicht von den Gewalttaten der »Autonomen Nationalisten« am 1. Mai in Hamburg distanziert, auch hat er als Teilnehmer des Aufmarschs nicht mäßigend auf die Gewalttäter eingewirkt.

Die Wahl Riegers stärkt zwar einerseits die Strömung, die die »Verbürgerlichung« der Partei ablehnt. Doch andererseits fiel bei der Wahl des von 17 auf 15 Posten verkleinerten Bundesvorstands Thomas »Steiner« Wulff durch, eine wichtige Figur für die Zusammenarbeit der Partei mit den so genannten freien Kameradschaften. Auch der mehrfach vorbestrafte Thorsten Heise, im alten Parteivorstand für die Verbindung zu den freien Kameradschaften verantwortlich, dürfte nicht ganz zufrieden sein. Mit 53 Prozent erreichte er das mit Abstand schlechteste Ergebnis aller Gewählten.

Unklar ist also, wie sich das Verhältnis der NPD zu den »Autonomen Nationalisten« entwickelt. Zwar hält Voigt weiter am »Volksfront-Gedanken« fest, also an einem Bündnis der Partei mit den so genannten freien Kräften. In seiner Eröffnungsrede kritisierte er aber das Auftreten des »Schwarzen Blocks« der »Autonomen Nationalisten«. »Spruchbänder mit englischen Texten« und Kameraden, die »sogar die geballte Kommunistenfaust beim Skandieren ihrer Sprüche« zeigten, seien ein »von uns nicht gewolltes Erscheinungsbild«. Denn die Partei wolle »in die Mitte des Volkes«. Die »Autonomen Nationalisten« aber würden diese Klientel abschrecken.

Daneben fassten die Teilnehmer des Parteitags auch noch einen strategischen Beschluss. Sie nahmen einen Antrag des NPD-Kreisverbands Hamburg-Altona an, »den Deutschlandpakt neu zu verhandeln«. Die beiden rechtsextremen Parteien DVU und NPD hatten 2005 vereinbart, bei Wahlen nicht gegeneinander anzutreten. Thüringen, wo im nächsten Jahr ein neuer Landtag gewählt wird, ist das Revier der DVU. Doch die besseren Aussichten auf einen Einzug in den Erfurter Landtag hat die mehr Mitglieder zählende und aktivere NPD. Der Münchner Verleger und DVU-Vorsitzende Gerhard Frey hat in seiner durch einen Mittelsmann überbrachten Grußbotschaft seine Verhandlungsbereitschaft angedeutet. Voigt sagte auf dem Parteitag, dass die NPD in Thüringen zur Wahl antreten werde.

Er selbst wurde mit 90 Prozent der Delegiertenstimmen als alleiniger Kandidat erneut zum Parteivorsitzenden gewählt. Noch hält die Partei Voigt die Treue und gibt sich einträchtig. Die Spannungen konnten die Teilnehmer und Redner des Parteitags aber nicht überspielen. Der alte und neue Parteivorsitzende Voigt scheint noch einmal eine Gnadenfrist erhalten zu haben. Je nach Ausgang der Finanzaffäre, spätestens aber, wenn die NPD 2009 nicht in das thüringische Landesparlament einzieht, dürften seine Tage als Vorsitzender der rechtsextremen Partei gezählt sein. Wer sein Nachfolger werden könnte, ist nach dem Parteitag jedoch unklarer denn je.