Das Klimaschutzpaket der Regierung

Verpackung ist alles

Die Regierung brüstet sich mit dem »weltweit größten Klimaschutzpaket«.

»Mit dem Klimapaket der Bundesregierung ist es wie mit einem Gletscher im Klimawandel«, spotte­te Bärbel Höhn von den Grünen. »Jedes Mal, wenn man hinsieht, ist es schon wieder geschrumpft.« Selbst die eigenen Beraterinnen und Berater meckern über den zweiten Teil des »Klimaschutzpakets« der Bundesregierung, den diese am 18. Juni beschlossen hat. Das Programm habe »einige problematische Federn gelassen«, sagte reichlich blöd und reichlich diplomatisch Hans-Joachim Koch, der Vorsitzende des Sachverständigenrates in Umweltfragen.
Tatsächlich hat die Regierung sogar Maßnahmen abgeschwächt oder vertagt, die sie im ersten »Paket« im Dezember bereits angekündigt hat, die Besteuerung von Autos nach ihrem CO2-Ausstoß etwa. Die soll jetzt frühestens 2010 eingeführt werden. Die Verpflichtung, bei Neuwagen den CO2-Ausstoß kenntlich zu machen, scheint vergessen – ein Zugeständnis an die deutsche Autoindustrie. Und erst im Herbst soll entschieden werden, ob Mieterinnen und Mieter tatsächlich weniger zahlen müssen, wenn die Besitzerinnen und Besitzer ihre Häuser nicht ordentlich isolieren.
Übrig bleiben drei Punkte: Die Mautgebühr für LKW wird erhöht, das Stromnetz wird ausgebaut, und bei Neubauten gelten künftig strengere Regeln hinsichtlich der Energieeffizienz. Für das »weltweit größte Klimaschutzpaket«, mit dem Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sich brüstete, reicht das nicht. Es reicht nicht einmal für ein »Klimapaket«, denn viele Maßnahmen waren ohnehin fällig. Und dem ehrgeizigen Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 den CO2-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, kommt man damit auch kaum näher. Schließlich bleibt der Ausstoß an Treib­hausgasen seit Jahren gleich oder nimmt sogar noch leicht zu.
Die so genannten Klimapakete folgen dem »Integrierten Energie- und Klimaprogramm«, das die Bundesregierung im August 2007 in Meseberg beschloss, gut einen Monat, nachdem Angela Merkel sich auf dem G8-Gipfel als »Klimakanzlerin« hatte feiern lassen. Bereits in diesem Programm waren alle heiklen Themen ausgespart. Die Landwirtschaft, immerhin für 6,5 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich, taucht gar nicht auf. Der Verkehr bleibt weithin unbehelligt, obwohl Autos, LKW, Motorräder und sonstige Vehikel beinahe doppelt so viel CO2 ausstoßen wie die Industrie. Die Bundesregierung hofft, dass die hohen Benzinpreise ihr unpopuläre Maßnahmen in diesem Bereich ersparen – das ist nicht nur unsozial, weil es vor allem ärmere Menschen trifft, sondern auch wirkungslos, da eine Alternative zum Individualverkehr fehlt. Nötig wäre, grundsätzlich über das Verkehrskonzept nachzudenken. Stattdessen beschließt die Regierung die Privatisierung der Bahn. Öffentliche Verkehrsmittel wird dies weder günstiger noch attraktiver machen.
Was für das Thema Verkehr gilt, gilt auch für andere Bereiche. Die Rede von wirtschaftlichen »Notwendigkeiten« und alltäglichen »Sachzwängen« haben die Herausforderung des Klimawandels zu einem Schlagwort gemacht, das in keinem Parteiprogramm und in keiner Rede fehlen darf – und gerade dadurch seine Harmlosigkeit beweist.
Wie die Bundesregierung tatsächlich dazu steht, erkennt man am besten an jenen Beschlüssen, die nicht als »Klimaschutz« verkauft werden. In der Energiepolitik etwa, wo Deutschland im Rahmen der EU weiterhin um den Zugang zu fossilen Brennstoffen kämpft und fleißig Kohlekraftwerke plant. Oder in der Einwanderungspolitik, wo die kürzlich beschlossene Richtlinie Flüchtlingen den Weg in die EU möglichst effektiv verwehren soll – Menschen, die vor Kriegen, aber auch vor Hunger und vor den Folgen des Klimawandels fliehen.