Kein Geld für Deutsch-Südwest
»Verantwortung«! Und dann auch noch »deutsche Verantwortung«! Die Worte sind hierzulande beliebt. Die Fraktionen des Bundestags betonten in der vergangenen Woche ihre »Verantwortung für Namibia«, als sie über den von 1904 bis 1908 dauernden Vernichtungskrieg gegen die Nama und Herero im damaligen Deutsch-Südwestafrika debattierten.
Am Ende aber lehnten SPD, CDU und FDP den Antrag der »Linken« auf »Anerkennung und Wiedergutmachung« ab, die Grünen enthielten sich und brachten einen neuen Antrag ein. Er sieht lediglich vor, einen Dialog deutscher und namibischer Parlamentarier anzuregen, den auch das namibische Parlament – neben Entschädigungszahlungen – fordert. An der Debatte hatten gerade einmal 30 Abgeordnete teilgenommen, sie dauerte keine halbe Stunde.
Die Deutschen hatten damals von der angekündigten Vernichtung der Nama und Herero aus Postkarten und Zeitungen erfahren und sie gutgeheißen. Dieser Tabubruch am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde nie als solcher empfunden. Der derzeitige Skandal ist, dass die deutsche Regierung und alle Fraktionen bis auf die »Linke« Entschädigungen ablehnen.
Perfide sind die Argumente. »Partikularinteressen zu bedienen, ist nicht verantwortbar«, sagte die Abgeordnete Anke Eymer (CDU). Sie wolle sich nicht »zu einem Zahlmeister für wenige« machen lassen. Was für Namibia und die einzelnen Opfergruppen gut ist, das weiß auch Brunhilde Irber von der SPD anscheinend besser als die Nachfahren der Opfer. Sie brachte es fertig zu behaupten, die freundschaftlichen deutsch-namibischen Beziehungen seien unter anderem darin begründet, dass »sich Deutschland stets zu seiner historischen Verantwortung bekannt hat«. Vielleicht mag das auf die Politik der DDR zutreffen. Ansonsten ist ihre Aussage blanker Hohn angesichts der engen Zusammenarbeit der BRD mit dem Apartheidsstaat Südafrika, der nach der Wiedervereinigung abgeschobenen namibischen Jugendlichen und der Zurückweisung jeglicher Forderungen nach moralischer und finanzieller Wiedergutmachung, die Repräsentanten der Herero seit 1990 erheben, seitens des Auswärtigen Amtes.
Ein weiteres peinliches Argument lautet: Namibia habe im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern besonders hohe Zuwendungen erhalten. Dies ignoriert nicht nur die Forderung der Herero, sondern ist auch schäbig angesichts der Tatsache, dass die Entwicklungshilfe zu einem sehr großen Teil deutschen Firmen und Nichtregierungsorganisationen zugute kommt.
Deutschland ist nicht nur eine postnazistische, sondern auch eine postkoloniale Gesellschaft. Diese Erkenntnis hat sich immer noch nicht durchgesetzt. Aber immerhin, es wurde über die »deutsche Verantwortung« diskutiert.