LeserInnenworld

Jungle World 25/08: Aus Scheiße Gold gemacht
Zuerst ein Zucken
Schon bemerkenswert, was Tanja Dückers in ihrem Nachruf auf Rühmkorf (von dem ich nichts gelesen habe) so schreibt, welche Kategorien sie auftut und stark macht. Warum das deutsche »Großschriftstellertum« (zu Recht) denunzieren und dann, ex negativo, einen »großen Autoren« (statt z.B. eines großartigen) abfeiern? Wollen »wir« einem Autor wirklich schon per se »hoch anrechnen«, in Jeansjacke und Schiebermütze einzelgängernd, ein Dichter der »Gasse und Masse« zu sein? Was meint Dückers mit »autistischen Spielereien« – müsste sie schon erklären, wenn nicht die Vermutung aufkommen soll, dass darin schlichtes Ressentiment gegenüber der ästhetischen Moderne mitschwingt. Dazu würde passen, dass Rühmkorf offenbar Paul Celans wichtiges, eine gleichsam nichtaffirmative wie nichteskapistische Dichtung nach 1945 zu entwickeln suchendes Werk als »depressives Geklumpe« diffamiert hat (FAZ online). Weiterhin: Was soll die oft bemühte Hohlphrase von den »Verdichtungen der Realität«? Ist Literatur dann gut, wenn sie zuerst zuckt, wie (angeblich!) Rühmkorf mit »einem Atompilz« – obendrein in einer m.E. äußerst hilflosen Bildlichkeit? Sind Menschen nicht (auch und) gerade besonders dann, wenn sie als »Mitgeschöpfe« im emphatischen Sinn erlebt werden, angenehm? Tobias

Ein ganz Großer
Ich find’s zwar richtig super von euch, dass ihr einen Nachruf auf Peter Rühmkorf geschrieben habt. Aber er ist zu armselig geworden für einen Poeten wie Peter Rühmkorf. Er war nämlich einer der ganz Großen unter den Lyrikern und dazu noch ein Linker. »Wer links kein Land mehr sieht, für den rast die Erde bald wie ein abgeriebener Pneu auf die ewigen Müllgründe zu.« (Peter Rühmkorf) Leontes

Jungle World 25/08: Die toten Roten
Schon lange gewusst
Zweifellos eine kluge Analyse vom Ist-Zustand der SPD. Pen-Präsident und Mitglied der SPD-Grundwertekommission Johano Strasser schrieb vor einigen Jahren: »Das Ziel des totalitären Liberalismus ist es, die Gesellschaft als ganze der ökonomischen Rationalität des Kapitalismus zu unterwerfen, also von der Marktwirtschaft zur Marktgesellschaft voranzuschreiten.« Genau dieses Voranschreiten hat die SPD als ganze nicht nur nicht bekämpft, sondern gefördert. Der Geschichts- und Theorielosigkeit der Partei folgte die Prinzipienlosigkeit vieler Funktionäre und Mandatsträger. Als ich 1998 für die SPD für den Bundestag kandidiert und vor einer solchen Entwicklung gewarnt habe, traf diese Warnung weitgehend auf Unverständnis. Die Symbiose aus galoppierender Sozialdemokratisierung und autoritären Denkstrukturen in der Linkspartei allerdings erfordert von Linken mindestens die gleiche Leidensfähigkeit wie in der SPD. Rudolf Homann, Vorsitzender SPD-Roßwein