Flieger, grüß mir die Südsee

Die Lufthansa AG dürfte zufrieden sein. Der Konzern muss kaum mehr an sein Bodenpersonal zahlen, als er selbst vorgeschlagen hat. Nach wenigen Tagen Streik einigte man sich mit Verdi auf 7,4 Prozent mehr Lohn in zwei Stufen zuzüglich einer Einmalzah­lung. Insgesamt 21 Monate wird der Tarifvertrag gültig sein. Weiterhin erhält die Lufthansa eine Einmalzahlung in einer Höhe von 10 000 Euro, die der Vorsitzende von Verdi, Frank Bsirske, selbst bezahlen wird. Er leistet persönlich dafür Abbitte, dass die Medien beinahe den Streik vergessen hätten, weil er in den Urlaub flog, während Mitglieder seiner Gewerkschaft streikten.
Tatsächlich entbehrte es nicht einer gewissen Komik, dass Bsirske kurz vor dem Arbeitskampf mit der Lufthansa in die Südsee startete, umsonst und erster Klasse, aber da er nun einmal Auf­sichtsratsvorsitzender des Konzerns ist, kann von einer »Flug­affäre« keine Rede sein. »Links reden, rechts leben«, empörte sich der CSU-Politiker Hans Michelbach, der offenbar meint, dass Linke ihre Lohnerhöhungen, sollte es sie einmal geben, vollständig für wohltätige Zwecke spenden müssen und im Übrigen ihren Urlaub in Hippiekommunen zu verbringen haben, die zu Fuß oder mit dem Rad zu erreichen sind. Hans Michelbach und 87 Prozent der Leser von Bild online forderten konsequenterweise den Rücktritt des Verdi-Vorsitzenden.
Bleibt die Frage, ob Bsirskes Anwesenheit zu einem besseren Ergebnis für die Beschäftigten bei Lufthansa geführt hätte. Das darf getrost bezweifelt werden. Auch er hätte vermutlich das »ver­nünftige Verhandlungsergebnis« gelobt, wie es der Verhandlungsführer, Ernst Ott, getan hat. Bsirske ist bekanntlich nicht Mit­glied im »Netzwerk für eine kämpferische und demokratische Verdi«, das der Gewerkschaftsführung vorwarf, den Streik abgebrochen zu haben, bevor er begann, wirksam zu werden.