Weiter küssen

»Dieser Anschlag ist schrecklich, ekelhaft ist das«, sagte Rudolf Brazda, Überlebender des KZ Buchenwald. Knallgelbes Klebeband und eine schwarze Plastikfolie umgaben am Sonntag Teile des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Berlin. Denn das Mahnmal war am Samstag vergangener Woche demoliert worden. »Die Menschen lernen offenbar nicht dazu, sie wollen es nicht verstehen, dass es so etwas gibt wie Homosexualität«, sagte Brazda im Gespräch mit dem Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD).
Ähnlich den Stelen des Denkmals für die ermordeten Juden Europas vis-à-vis, besteht die Gedenkstätte unweit des Brandenburger Tors aus einem etwa zwei Meter hohen und dreieinhalb Meter breiten aschgrauen Steinkubus. Durch ein seitlich angebrachtes Sichtfenster war ein Film zu sehen, der zwei sich küssende Männer in Endlosschleife zeigte. Die bisher unbekannten Täter haben das Fenster zerschlagen und einen Bauzaun umgeworfen. Wie Politiker aller Parteien von der CDU bis zur Linkspartei verurteilte auch der LSVD den Anschlag; die Zerstörung sei ein »Schlag ins Gesicht aller Opfer des NS-Terrors«, hieß es in einer Stellungnahme.
Zu der spontan geplanten Protestkundgebung am Montag fanden sich nach den Angaben des LSVD-Geschäftsführers Klaus Jetz 250 Personen ein, darunter Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit. Das Denkmal werde nun repariert, dann werde der bisherige Film weiterlaufen. »Wie geplant wird das Video in zwei Jahren ausgewechselt und zeigt dann ein küssendes Frauenpaar«, sagte Jetz der Jungle-World. »Wir werden weiterhin bei dem Denkmal präsent sein, Veranstaltungen machen und gegebenenfalls demonstrieren.« Das Mahnmal hat nur wenige Monate unbeschädigt überstanden; es wurde erst im Mai dieses Jahres eingeweiht.   flo