»Robin of Sherwood«

Schmutzige Männer ohne Make-up im Wald

Serie über Serien. »Robin of Sherwood« war eine bahnbrechende Verfilmung des schon etwas in die Jahre gekommenen Balladenzyklus. Leider hat das niemand erkannt – außer dem ZDF und unserem Autor.

Meine Eltern waren verwirrt. Sie glaubten, dass der Fernsehapparat kaputt sei. Das war er natürlich nicht – das Produktionsteam der Serie »Robin Hood« (im britischen Original: »Robin of Sherwood«) hatte zur Darstellung des Kampfes nur eine ungewöhnliche Kameraperspektive gewählt: durch das Visier eines Ritterhelms hindurch. Mit anderen Worten: Es war kaum etwas zu sehen – dieses Wenige war allerdings ständig in Bewegung. Das war recht symptomatisch für diese Serie, die von 1984 an im ZDF gezeigt wurde. Sie durchbrach recht offensiv die Sehgewohnheiten im deutschen Fernsehen und hatte – wohl genau deswegen – nie den Erfolg, den sie verdient gehabt hätte. Nicht einmal in meiner jugendlichen, Heavy Metal hörenden Peergroup fanden sich – außer mir – irgendwelche regelmäßigen Zuschauer dieser phantastischen Verfilmung der über die Jahrhunderte doch etwas gealterten Geschichte.
Neu war, dass der christlich angehauchten Sage heidnische Elemente hinzugefügt wurden. Gleichzeitig wechselte der Kreuzritter Richard Löwenherz die Seiten und wurde den Bösen zugeschlagen. Dementsprechend wurde Herne der Jäger (eine Gottheit aus dem keltisch-germanischen Sagenkreis, der schon bei Shakespeare in den »Lustigen Weibern von Windsor« auftrat) als eine tragende Figur etabliert. Er war es letztlich, der den Räubern die Kraft für ihren Kampf verlieh und ihre Geschicke lenkte. Leider driftete die Serie dadurch aber auch immer wieder ins Esoterische ab und wurde mit Blumen- und Weichzeichner-Ästhetik verunstaltet.
Zum Glück allerdings nicht durchgängig, denn Robin Hood und Gang sahen meistens so aus, wie man sich Menschen eben vorstellen darf, die ununterbrochen im Wald leben. Sie waren schmutzig, und sie wirkten abgerissen. Und Robin of Loxley (Michael Praed) hatte auch noch lange Haare und erweckte überhaupt den Eindruck, als ob er einem Bandfoto von Iron Maiden entsprungen wäre. Leider stieg Praed jedoch vorzeitig aus der Serie aus, um (ausgerechnet!) bei einem Broadway-Musical mitzumachen. Der neue Bandenchef Robert of Huntington, der Einfachheit halber ebenfalls Robin genannt (gespielt von Jason Connery, dem Sohn von Sean Connery), orientierte sich leider schon eher an gängigen Schönheitsidealen.
Neu war auch die Figur des Sarazenen Nasir, der in der kleinen Fangemeinde so beliebt war, dass er für Kevin Costners Verfilmung »Robin Hood – König der Diebe« übernommen wurde. Des Weiteren wurden Schwarze Magie und Satanismus in die Serie integriert. Ungewöhnlich waren auch die Flagellanten, die leprösen Pilger und nicht zuletzt die – vom Sheriff initiierten – Judenpogrome. Das Mittelalter war eben nicht der große romantische Spaß, als der es immer wieder gerne halluziniert wird. Ein weiterer wichtiger Punkt: Marion hatte nicht die passive Rolle inne, in die sie so gerne gesteckt wird – sie hatte einen eigenen Willen und schreckte auch nicht davor zurück, mit der Waffe in der Hand zu kämpfen.
Man sieht: Autor Richard Carpenter (bekannt geworden durch die nicht minder merkwürdige Kindersendung »Catweazle«) schreckte vor kaum etwas zurück, auch wenn er für die dritte und längste Staffel nicht mehr allein verantwortlich zeichnete, was wohl auch ihre allzu offensichtlichen narrativen und darstellerischen Mängel erklärt. Trotzdem muss diese Serie immer noch als einzigartig angesehen werden. Der Entschluss, auf Studioaufnahmen weitgehend zu verzichten und stattdessen in den Wäldern und Burgen Englands zu drehen, ließ die Bilder authentisch wirken. Auch wenn es sich natürlich hierbei nur um Projektionen des Produzententeams und des Publikums handelte – aber immerhin ohne überflüssiges Make-up. Und das ist doch auch schon was.