Trinkt aus Eimern!

Menschen, die auf Mallorca aus Eimern trinken, gelten gemeinhin als unzivilisiert. Dies ist aber zweifellos eine völlig verkürzte Darstellung, werden die Eimer doch in der Regel wiederverwendet. Die so genannten Zivilisierten, die ihr Wasser aus Plastikflaschen trinken, produzieren dagegen ungeheuerliche Mengen von Müll. Nach den Angaben des Inselrats sind es derzeit 650 000 Tonnen jährlich an Haushaltsmüll, die anfallen, und ein nicht unerheblicher Teil ist den Trinkgewohnheiten geschuldet.
Noch vor gut zehn Jahren gammelte und schmurgelte der Müll auf Dutzenden von Müllkippen vor sich hin und erzeugte einen sehr unangenehmen Geruch, vorwiegend in der Nähe der Ballungs­räume, wo sich auch die Touristen tummeln. Erwiesenermaßen erstanden dabei Dioxin und viele andere fiese Gifte. In der Innen­stadt von Palma stank es besonders, weil dort ständig riesige Mengen von Unrat auf der Straße standen.
Das Problem wurde äußerst elegant behoben. Es hat sich sozusagen in Luft aufgelöst. Und zwar so: Überall in der Stadt wurden kuriose Metallbehälter aufgestellt, in denen R2D2 seine Freunde erkennen würde, und die von den Touristen als Attraktion bestaunt werden. Während anderswo auf der Insel ein Mülltrennungssystem eingeführt wurde, welches die Einheimischen und sogar deutsche Urlauber mit Abitur gnadenlos überfordert, entsorgen die Bewohner Palmas ihren Abfall in den Metallcontainern, die nur zwei Kategorien kennen, organisch und nicht organisch. Weg ist er, der Müll. Er kommt auch zunächst gar nicht wieder zum Vorschein, da es sich um pneumatische Müllschlucker handelt, welche den Unrat in ein unterirdisches System einsaugen. Erst an einer Sammelstelle taucht er wieder auf und wird auf LKW verladen, die ihn zu einer zentralen Verbrennungsanlage in Son Reus, außerhalb der Stadt, bringen.
Die Verbrennungsanlage trägt den bemerkenswert idyllischen Namen »Parque de Technologías Ambientales« (Umwelttechno­logiepark), weil dort auch ein bisschen Recycling betrieben wird. Doch der meiste Müll kommt in den Hochhofen, und seine Überreste werden in die Luft geblasen und gerecht über die Insel verteilt. Strom wird bei der Gelegenheit auch noch produziert. Alles super und gesund, sagt die Mülldezernentin der Insel. Sogar zu einer regelrechten Attraktion hat sich die Müllentsorgung gemausert. Die Schwebebahn mit Glasfenstern, in der man über das Gelände des Müllerlebnisparks fahren kann, ist ständig aus­gebucht.
Nur die ewigen Nörgler von Umweltorganisationen wie Greenpeace und dem balearischen GOB behaupten, es gehe nach wie vor mit giftigen Dingen zu, die sich in Qualm und Restschlacke befänden. Die Kontrollen taugten nichts. Auch erziele die Betreiberfirma Tirme doppelten Gewinn, weil sie von den Gemeinden sowohl für den verbrannten Müll als auch für den Strom kassiere. Die Gemeinden leiten ihre Kosten an die Verbraucher weiter, wie das so üblich ist. In Kürze sollen die Gebühren erneut erhöht werden.
Einig sind sich immerhin alle Beteiligten, dass die Kapazität des schönen Parks bei weitem nicht ausreicht. Deshalb wird weiter gestritten. Die einen wollen mehr Müll verbrennen und arbeiten bereits an der Erweiterung der Anlage. Müll vermeiden wollen die anderen. Da das ja nur vernünftig sein kann, liegt die schlichte Problemlösung nahe: Trinkt mehr aus Eimern!