23, Tendenz fallend

Dass in Bayern, wohl noch unter dem Schock des neuen Mehrparteien-Systems, die Möchtegern-Bürgerrechtler der FDP sagen, wo es lang geht, ist die eine Sache. Aber was ist nur los mit der SPD? Übt sie sich bereits in der Rolle der kleineren Oppositionspartei, die nur dann etwas erreichen kann, wenn sie sich schön mit den anderen Kleinen zusammentut? Schlägt der so genannte linke Flügel zurück nach der Schmach von Wiesbaden? Oder haben ein paar Sozis, die meinen, ihr Herz noch leise auf der linken Seite klopfen zu hören, vorige Woche die Süddeutsche Zeitung gelesen und einen Schrecken bekommen? »Das BKA ist also künftig zuständig für fast alles, für was es zuständig sein will, und es hat fast alle Zugriffs- und Eingriffsmöglichkeiten, die es sich nur wünschen kann: Lauschangriff, Spähangriff, heimliche Computer-Durchsuchung«, fasste Heribert Prantl nach der Verabschiedung des neuen BKA-Gesetzes im Bundestag zusammen.
Am Montag beschwerte sich Ronald Pofalla, der Generalsekretär der CDU, noch darüber, es könne nicht sein, dass ein einzelner Landesverband die Koalitionsvereinbarungen nicht einhalte, und meinte damit die SPD in der großen Koalition in Sachsen, die angekündigt hatte, im Bundesrat nicht für das Gesetz zu stimmen. Dieses Problem hat sich mittlerweile erledigt. Denn nach Sachsen haben auch die großen Koalitionen in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein angekündigt, ihre Stimmen verweigern zu wollen, wie jene Landesregierungen, an denen die FDP, die Grünen oder die »Linke« beteiligt sind. Von 69 Bundesratsmitgliedern wollen somit bloß noch 23 mit »Ja« stimmen. Und wer weiß, auf welche Ideen die Regierungen von Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern noch kommen. Denn Rebellentum ist bei den Genossen auf den hinteren Bänken ansteckend, wie man in Hessen sehen konnte.
Nur auf die Parteiführung ist noch Verlass. Dieter Wiefelspütz, der innenpolitische Sprecher der Fraktion, sagte im Bayrischen Rundfunk: »Dieses Gesetz ist so gut, so notwendig, so überzeugend, dass man ihm mit guten Gründen nicht die Stimme versagen kann.« Und Generalsekretär Hubertus Heil bekräftigte, man werde daran festhalten, »auch wenn es in einzelnen Bundesländern holpert«.