Der Dandy-Mönch

Zen-Buddhismus und urbane Eleganz sind nur schwer miteinander zu vereinbaren. Stundenlange innere Versunkenheit und dem Geräusch herabfallender Tautropfen lauschen sind auch nicht die Art von Erfahrung, die den Städter in Ekstase versetzen. Der vielleicht einzige Mensch auf diesem Planeten, der die Hybridisierung hinbekommt, ist Leonard Cohen, Zen-Mönch und Dandy, der die schöne Oberfläche anbetet und zugleich im tiefen Grund schürft, der die Jazzplatte auf- und die 32er in die Schublade legt. Genau dieser Meister des phlegmatischen Charisma begegnet einem im »Buch der Sehnsüchte«, das größtenteils während Cohens fünfjährigen Aufenthalts in einem zen-buddhistischen Kloster in Kalifornien entstand. Dort ernannte sich der aus einer jüdischen Familie stammende Cohen unter dem ironisch gemeinten Namen »Jikan« – der Stille – 1996 bekanntlich zum Mönch. Die in dieser Zeit entstandenen Lyrics, Zen-Sprüche und Epigramme wurden jetzt von einer illustren, aber plausiblen Übersetzerschar, bestehend u.a. aus Carl Weissner, Wolf Wondratschek, Jens Friebe und Ann Cotten, ins Deutsche gebracht und durch Faksimiles und Zeichnungen ergänzt. Es ist ein hübsches und auch weises Buch voller Düsternis und Erleuchtung, das die wirklich wichtigen Dinge lehrt, über das Schreiben, das Reisen, das Scheitern und die Liebe, und das auch weiß, dass England die besten Männerbeine, Israel die besten Notaufnahmen und Korea das beste italienische Essen hat. Konfuzius hätte es wohl kaum besser gesagt.

Leonard Cohen: Das Buch der Sehnsüchte. Blumenbar, München 2008, 233 Seiten, 19,90 Euro