Raumschiffe sind besser

Autos zu Raumschiffen!

Der Automobilindustrie geht es schlecht. Das ist natürlich großartig!

Das Auto ist die wichtigste Erfindung der technischen Moderne. Es ist zugleich die dümmste, denn es verbessert unser Leben nicht. Im Gegenteil. Dabei soll hier gar nicht von den Umweltkosten die Rede sein. Auch wollen wir von der Viel­zahl an Rohstoffen und den rund 230 000 Litern Wasser schweigen, die für die Herstellung eines Mittelklassewagens verballert werden, sowie den rund 1,2 Millionen Unfalltoten jährlich. Nein, diese Erfindung ist auch deshalb so dumm, weil sie ihren erklärten Zweck nicht erfüllt: den schnel­len und angenehmen Transport von A nach B nämlich. Weil es zu viele Autos gibt, reist man inzwischen in ganz Mitteleuropa sowie allen Ballungsräumen dieser Welt mit der Bahn viel schneller und bequemer. Wen wundert’s, dass die beiden größten Freunde der Massenautomobilisierung rückwärtsgewandte Irrationalisten und Nazis waren: der Antisemit Henry Ford und der Führer höchstpersönlich.
Die Probleme, die die Automobilisierung schafft, wären auch nicht zu lösen, wenn man die heutigen Autos durch welche mit Gas-, Elektro-, Biodiesel- oder Hybridantrieb ersetzte. Der Kommunikationswissenschaftler Hermann Glaser stellte dazu 1981 fest: »Wenn sich die Menschheit zahlenmäßig so weiterentwickelt wie derzeit, und wenn jeder erwachsene Mensch auf der Welt ein Auto haben soll, dann brauchen wir im Jahre 2010 mehr Straßenfläche, als es feste Erdoberfläche gibt.«
Ha, ha, könnten Sie jetzt sagen. Das ist doch schon in zwei Jahren, und von einer durchasphal­tierten Erdoberfläche kann ich nichts erkennen. Ha, ha, ha, antworte ich da, es hat ja auch noch nicht jeder ein Auto. Doch das wird sich ändern. Seit rund 40 Jahren wird gefragt: »Was passiert eigentlich, wenn sich alle Chinesen ein Auto leisten können?« Wenn Sie wollen, kommen Sie nach China und sehen Sie sich die Antwort an. Im Jahr 2005 fuhren rund 12 Millionen Autos auf Chinas Straßen, von denen die chinesische Regierung übrigens derzeit 15 000 neue plant, darunter viele Autobahnen. Im Jahr 2020 sollen es mehr als 140 Millionen Autos sein.
Wer diese Zahlen kennt, weiß: Die Katastrophe der allgemeinen Automobilisierung ist nicht durch Kompromisse aus der Welt zu schaffen. Es hilft nur eins: Die Autos müssen weg, zumindest alle, die der privaten Personenbeförderung dienen. Nur geht das leider nicht so einfach. Der Kapitalismus ist eine Riesenmaschine, die keine vernünftige Redaktion hat, sondern lediglich einfachen Prinzipien wie Konkurrenz und Wachs­tum gehorcht. So ist er zwar recht gut darin, viele, zum Teil auch schöne Sachen zu produzieren, er ist aber ganz schlecht im Schrumpfen. Oder anders: Würde man die dummen, überflüssigen Autos abschaffen, würden ganze Nationalökonomien zusammenbrechen und damit wahrscheinlich auch die Weltwirtschaft.
Ungefähr das schrieb ich vor gut einem Jahr für ein Buch, das die schönsten Beiträge des Weblogs »Riesenmaschine« versammelt. Heute scheint sich diese banale Prognose zu bewahrheiten, allerdings in umgekehrter Reihenfolge: Der Weltwirtschaft geht es schlecht, und plötzlich beginnt der Autoabsatz zu stocken. Das ist natürlich großartig, auch wenn der einzelne Automobilarbeiter etwas anderes meint. Dennoch ist es Blödsinn, den Autokonzernen Geld zu geben, nur damit der größte Quatsch der Weltgeschichte weiterproduziert werden kann. Weil aber die Leute immer irgendwie beschäftigt werden müssen: Lasst sie PKW-große Raumschiffe bauen. Im All ist genug Platz zum Cruisen. Und wer zu viel Gas gibt, den wirft’s aus der Umlaufbahn. Dann fällt er uns hier unten nicht mehr zur Last.