Ein Paradies, zwei Präsidenten

»Ich werde die neue Regierung am Samstag vorstellen«, kündigte Andry Rajoelina selbstbewusst an. Der 34jährige Bürgermeister der Hauptstadt Madagaskars, Antananarivo, erklärte sich am Montag während einer Kundgebung zum neuen Regierungschef. Er wirft Präsident Marc Ravalomanana Korruption und Machtmissbrauch vor. Eine Woche zuvor hatten seine Anhänger das Gebäude eines staatlichen Fernsehsenders geplündert und angezündet, eine Vergeltungsaktion für die Schließung eines oppositionellen Senders im Dezember. Es folgten mehrtägige Unruhen in Antananarivo und anderen Städten, zahlreiche Geschäfte wurden geplündert, mehr als 60 Menschen starben.
Viele Madegassen sind verwundert über das Vorgehen Rajoelinas. Nur das Parlament kann Ravalomanana, der nicht abzutreten gedenkt, legal absetzen, doch die meisten Abgeordneten unterstützen den Präsidenten. Die Zahl der oppositionellen Demon­stranten sank im Laufe der Unruhen, für einen Umsturz dürfte die Zahl der Anhänger Rajoelinas nicht reichen. Unklar ist allerdings die Loyalität der Armee, Augenzeugenberichten zufolge schlossen sich Soldaten, die den Staatssender bewachen sollten, den Angreifern an. Da Rajoelina größere Summen in den Aufstand investierte, als sein Einkommen als Bürgermeister ihm gestatten würde, wird vermutet, dass er einflussreiche Sponsoren hat. Als Hintermann wird meist der ehemalige Präsident Didier Ratsikara genannt, der die Wahlen im Jahr 2001 verlor, mit ähnlichen Mitteln wie Rajoelina monatelang um die Macht kämpfte, schließlich aber ins Exil flüchten musste. Viele Madegassen scheinen des perspektivlosen Machtkampfes überdrüssig zu sein. Rajoelina hofft offenbar, die Unterstützung prominenter Künstler werde ihm noch die nötige Popularität verschaffen. Zum Auftakt seiner Kundgebungen lässt er immer die Titelmelodie des Films »Die Eroberung des Paradieses« spielen.   js