Die Debatte um eine Bad Bank

Schrottplätze des Finanzsystems

Darf es eine Bad Bank sein oder lieber mehrere? Der Bundesverband deutscher Banken fordert provokativ eine zentrale staatliche Bad Bank, die Bundesregierung droht im Gegenzug mit Verstaatlichungen.

Um die Aktienkurse der deutschen Banken stand es zu Beginn der Woche nicht so gut. Weil sich die Bundesregierung offenbar für die geniale Idee, die faulen Kredite der Geldinstitute über die Einrichtung einer so genannten Bad Bank den Steuerzahlern aufzubürden, nicht begeistern konnte, blieben die Anleger zurückhaltend und der Dax brach ein.

Tatsächlich handelt es sich um eine Scheindebatte. Denn es gibt längst so genannte Bad Banks, die aus dem Bundeshaushalt versorgt werden, allen voran das Pleiteinstitut Hypo Real Estate (HRE). In Bankenkreisen gilt die HRE seit ihrem Börsengang 2003 als Schrottplatz des Finanzmarktes. Hier lagerten deutsche Subprime-Kredite der Münchner Hypo-Vereinsbank, die zur Jahrtausend­wende in die Schlagzeilen geriet, weil sich Zehntausende Anleger geprellt sahen. Mithilfe von Drückerkolonnen waren minderwertige Immobilien zu überhöhten Preisen an Privatkunden verhökert worden.
In den Bilanzen der deutschen Banken verbergen sich aber noch toxische Wertpapiere in dreistelliger Milliardenhöhe, die bereits zu erheblichen Abschreibungen geführt haben und auch in Zukunft für Aufregung sorgen dürften. Am Wochenende hat Angela Merkel (CDU) die Idee einer zentralen staatlichen Abschreibungsbank abgelehnt, wie zuvor Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und andere Politiker der Großen Koalition.
Ins Spiel gebracht hatten die Idee kurz vor Weihnachten die Vorstände diverser deutscher Großbanken und der Bundesverband deutscher Banken, die sich aber vermutlich weniger milliar­den­schwere Geschenke davon erhofften, sondern vielmehr gezielt provozieren wollten. Denn dass die Idee, den Müll der Banken auf Staatskos­ten zu entsorgen, selbst bei den meisten Mitgliedern der CDU und der CSU auf empörte Ablehnung stoßen würde, musste den Bankern klar sein.
Nun aber könnte es darauf hinaus laufen, dass die Großbanken die Option erhalten, eigene Bad Banks zu gründen. Deren Papiere würden dann aus dem regulären Bankgeschäft ausgegliedert und vermutlich mit der Unterstützung des Staates sozusagen unter Quarantäne gestellt.

Die Auslagerung der milliardenschweren faulen Wertpapiere in den Bankbüchern ist eine der Kern­forderungen der Finanzbranche. Banken könnten auf diese Weise weitere Abschreibungen verhindern und dem Schwund ihres Eigenkapitals vorbeugen. Dass es hierfür ein Modell geben wird, an dessen Kosten sich die Bundesregierung beteiligt, scheint sich herauszukristallisieren. Welche Auflagen damit verbunden wären, ist jedoch weiterhin unklar. Hinter keiner der bisher vorgebrach­ten Forderungen steht ein ausgearbeitetes Konzept. Der Verdacht drängt sich auf, dass es den Bankenlobbyisten mit der Forderung nach einer Bad Bank eher darum geht, die Auflagen des Bankenrettungsfonds aufzuweichen und eine aufkom­mende Debatte darüber, dass nicht nur Risiken, sondern die Finanzunternehmen als solche verstaatlicht werden könnten, frühzeitig zu beenden.
Der Bund will erneut mit dem US-Investor J.C. Flowers über einen freiwilligen Verkauf von dessen Anteil an der HRE verhandeln. Sollten diese Gespräche scheitern, könnte es im Extremfall zu einer Enteignung kommen. Die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichteten am Wochenende übereinstimmend, dass ein Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Finanzmarkt-Stabilisierungsgesetzes die vollständige Verstaatlichung von Banken erlaube. Und als erster Kandidat für eine solche Maßnahme gilt die HRE. Aus dem Entwurf geht nach den Informationen der Süddeutschen Zeitung hervor, dass sich enteignete Aktionäre auf sehr geringe Entschädigungen einstellen müssen. Denkbar ist allerdings, dass es sich bei diesem »Entwurf« ledig­lich um eine gezielt lancierte Replik auf die Forderungen der Banken handelt.

Billig wird auch das bisher von der Bundesregierung vorgelegte Bankenrettungsmodell nicht. Der bereits beschlossene Plan der Bundesregierung, die Kreditinstitute mittels einer Vielzahl von Bad Banks von ihren Risikopapieren zu befreien, wird den Fiskus teuer zu stehen kommen. Der Bund muss nach Informationen des Spiegel seine im ersten Bankenrettungsplan vorgesehenen Kapitalhilfen von 80 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Mitarbeiter des Finanzministeriums rechnen mit einem Kapitalbedarf bis zu 200 Milliarden Euro. Politisch durchsetzbar sind solche Milliardengeschenke, weil in Banken- und Börsenkreisen seit Wochen publizistisch mächtig Druck gemacht wurde und das von der Bundesregierung aus der Defensive heraus entwickelte dezentrale Modell, verglichen mit dem unkalkulierbaren Risiko einer zentralen Bad Bank, noch relativ überschaubar und finanzierbar erscheint. Klar aber ist nach wie vor: Für die Verlustgeschäfte der Banken sollen über den Umweg des Staates die Steuerzahler geradestehen.
Auch die neue Regierung der USA unter Barack Obama hat die Einrichtung einer Bad Bank im Zusammenhang mit weiteren Hilfen für den Finanzsektor in Erwägung gezogen. Dort stoßen solche Pläne ebenfalls auf Widerspruch, schon wegen der damit verbundenen Kosten. Sie werden auf bis zu zwei Billionen Dollar geschätzt.