675000

Eine Bundesministerin blamiert sich nicht. Allenfalls führen unvorhergesehene Ereignisse dazu, dass doch nicht alles ganz so klappt, wie sie es sich vorgestellt hat.
Ungefähr 675 000 Kinder kamen im vorigen Jahr nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in Deutschland lebend zur Welt. Noch im Februar hatte Ursula von der Leyen ihre Familienpolitik als bahnbrechenden Erfolg verkauft, weil angeblich 5 000 Neugeborene mehr zu verzeichnen seien als 2007. Mit der zu Beginn der Woche veröffentlichten Zahl ist klar, dass der Zuwachs der Kinderschar wie von Geisterhand wieder verschwunden ist und die Geburten gegenüber dem Vorjahr sogar um 1,1 Prozent zurückgingen. Noch nie kamen in Deutschland so wenige Kinder zur Welt.
Ursula von der Leyens bevölkerungspolitische Maßnahmen sind aber mitnichten gescheitert. Lediglich weil der »Mut zu Kindern« noch »ein zartes Pflänzchen« sei, sei der »ungewöhnliche Einbruch der Geburtenzahlen im letzten Quartal 2008« möglich gewesen, sagte sie. Niemand habe das vorhersehen können. Die Antwort, wer denn das »zarte Pflänzchen« in seiner Entfaltung so empfindlich gestört haben könnte, blieb die Familienminis­terin dementsprechend schuldig. Haben die Deutschen die große Krise untenrum vielleicht bereits im Voraus gespürt? Oder nützt womöglich die Vermehrung der Kitaplätze gar nicht so viel, wenn ansonsten vor allem Verunsicherung und Armut in der Bevölkerung zunehmen?
Sicher darf man jedoch sein, dass die gut verdienenden Paare, die seit der Einführung des Elterngeldes für Nachwuchs gesorgt haben, einen finanziellen Zuwachs von weit mehr als 1,1 Prozent auf ihrem Familienkonto verzeichnen können, verglichen mit dem Geld, das sie vor dem 1. Januar 2007 für ein Neugeborenes vom Staat erhalten hätten – und zwar unabhängig davon, ob auch die Väter die Kleinen eine Weile lang hüten oder nicht. Würde von der Leyen in diesem Segment der Bevölkerung die Babys zu zählen, vielleicht hätte sie dann das ersehnte kleine Erfolgserlebnis.