Eine Collage aus Wirtschaftsnachrichten

Talsohle gesucht

Eine Collage aus den Wirtschaftsnachrichten im Jahr der Konjunkturprognosen

Januar. Offiziell hält die Regierung noch an einer optimistischen Prognose von plus 0,2 Prozent fest. Die Bundesbank geht davon aus, dass die Wirtschaft um 0,8 Prozent schrumpft. Sehr pessimistisch ist das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung, das mit einem Rückgang um zwei Prozent rechnet. Die fünf Wirtschaftsweisen erwarten eine Stagnation, sprechen aber schon von einer Rezession. Die Wirtschaft in Deutschland wird in diesem Jahr nach Ansicht der Bundesregierung um 2,25 Prozent schrumpfen. Für dieses Frühjahr könnte aber bereits ein Ende des Konjunkturabschwungs in Sicht sein. In ihrer Prognose geht die EU-Kommission davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 2,3 Prozent einbricht.

Februar. Die deutsche Wirtschaft wird nach Schät­zung der Deutschen Bank in diesem Jahr noch drastischer einbrechen als bisher befürchtet. »Die deutsche Wirtschaft wird nur dann 2009 um lediglich fünf Prozent schrumpfen, falls wir ab Sommer einen richtigen Aufschwung haben«, sagt der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg warnt vor zu pessimistischen Prognosen. Ein Regierungssprecher sagte, die Bun­desregierung halte einstweilen an ihrer Prognose fest, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 2,25 Prozent schrumpfen dürfte. Es gebe keine belastbaren Hinweise darauf, dass diese Zahl revidiert oder korrigiert werden müsse.

März. Ungeachtet der Hoffnungen auf ein Ende der Talfahrt erwarten führende Wirtschaftsforscher, dass die Konjunktur zunächst weiter einbricht. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet für das laufende Jahr mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um drei bis vier Prozent. Das Institut für Wirtschafts­forschung Halle (IWH) senkt seine Konjunkturprognose für das laufende Jahr sogar auf ein Minus von 4,8 Prozent. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, sagt: »Das Erreichen der Talsohle wird in den nächs­ten Monaten erwartet.« Bundesfinanzminister Peer Steinbrück erklärt, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr stärker schrumpfen könnte als die bislang prognostizierten 2,25 Prozent. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn geht von einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um mehr als vier Prozent aus. Eine Prognose der Commerzbank geht davon aus, dass die Wirtschaft 2009 um sechs bis sieben Prozent einbrechen wird. »Im kommenden Jahr wird es keine Aufwärtsbewegung geben, die den Namen Aufschwung verdient«, heißt es. Im Wirtschaftsministerium wird von einem Konjunktureinbruch bis zu 4,5 Prozent ausgegangen. Bei der Prognose im Januar sei ein leichtes Wachstumsplus im vierten Quartal 2009 unterstellt worden. Eine solche Entwick­lung sei aber nun sehr unwahrscheinlich.

April. Ein Ende der Talfahrt ist nicht absehbar. Weil auch der Internationale Währungsfonds der deutschen Wirtschaft für 2009 ein dickes Minus von 5,6 Prozent attestiert, gibt es nichts mehr schönzureden. Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht von einem »schweren Wirtschaftseinbruch«, Finanzminister Peer Steinbrück von einer ungebremsten Abwärtsdynamik, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg prophezeit ein »sehr, sehr schwieriges Jahr«. »Ich habe den Eindruck, dass wir die Talsohle im Sommer ausbilden«, sagt Michael Hüther, Direktor des In­stituts der Deutschen Wirtschaft. »Wir erwarten danach keinen sprunghaften, sondern einen mühsamen Aufschwung.« Angela Merkel, die gerade noch versucht hat, vorsichtigen Optimismus zu verbreiten, ist nun schon wieder deutlich zurückhaltender. »Der Mut, die Kraft und auch die Zuversicht, durch eine solche Wegstrecke zu kommen, ist bei uns im Land gut ausgeprägt.« Ihr Wirtschaftsminister hält es zwar nicht für aus­geschlossen, dass die Talsohle im Winter zumindest schon erkennbar sein könnte. Durchschrit­ten sei sie dann aber sicher noch nicht. Bundesbank-Präsident Axel Weber sehe die Chance, dass die Talsohle im kommenden Jahr durchschritten sei. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten einen Wachstumsrückgang von sechs Prozent.

Mai. »Der deutsche Patient ist auf dem Weg der Besserung, aber er ist immer noch krank«, sagte der Deutschland-Chefvolkswirt von der Unicredit, Andreas Rees. Ökonomen hoffen nun auf eine Bodenbildung der Krisenkurve.