Berliner Taxifahrer sollen Deutsch sprechen

Deutschsprachig kostet extra

Ab dem 1. Juli sollen Taxifahrer, die am Berliner Flughafen Tegel auf Fahrgäste warten, neben Englisch auch Deutsch sprechen. Dafür soll der Fahrgast 50 Cent Zuschlag zahlen. So wünscht es die Ber­liner Flughafengesellschaft.

Zum einzigen Berliner Flughafen gelangt man durch eine tunnelartige Unterführung. Hat man sie passiert, ist der Blick frei auf die Südseite des Flughafengebäudes, auf dem in großen Lettern steht: »Berlin Tegel – Otto Lilienthal« – der Namensgeber verunglückte tödlich im Jahr 1896 im Havelland bei Berlin, als er eines seiner selbst gebauten Fluggeräte erprobte. Rechts neben der Fahrbahn ist ein Wartebereich für 470 Taxis, der in der Regel gut gefüllt ist, nach einer kurzen Rampe gibt es zwei weitere so genannte Nachrückbereiche für etwa 60 Taxis, und schließlich gibt es noch den so genannten Einstiegsbereich für 20 Wagen, die einzige Möglichkeit für Fahrgäste, im Innenring des Flughafens eine Fahrt mit dem Taxi anzutreten.
Zwar schreibt das Personenbeförderungsgesetz eine Verpflichtung zur Beförderung ausdrücklich vor, doch das wird seit Jahren durch eine Anordnung der Berliner Genehmigungsbehörde in Tegel stark eingeschränkt. So ist es Fahrgästen, die am Flugsteig Nr. 0 auf die dort wartenden Taxis zueilen, nicht gestattet, auch dort ihre Fahrt anzutreten. Sie müssen – in der Regel mit Gepäck – weitere 200 Meter an knapp 80 wartenden Taxis vorbei zum Einstiegsbereich zwischen den Flugsteigen 6 bis 9 zurücklegen. Ausgedacht hat sich diese Regelung die Berliner Flughafengesellschaft (BFG) in Zusammenarbeit mit den Gewerbe­vertretungen für Taxis.

Bei so viel Willen zur Regulierung konnte die BFG vor den gegenwärtigen Zuständen am Einstiegsbereich nicht die Augen verschließen. Ihr muss aufgefallen sein, dass nicht nur die Fahrgäste der deutschen Hochsprache nur selten mächtig sind, sondern anscheinend auch die Taxifahrerinnen und -fahrer selbst, und beginnt deshalb zum 1. Juli ihre neue »Service-Offensive«. Nach einem Bericht der Berliner Zeitung sollen die Taxifahrerinnen und -fahrer grundsätzlich EC- oder Kreditkarten akzeptieren sowie ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache und Englisch-Grundkenntnisse mitbringen, um ihrer Tätigkeit am Flughafen nachzugehen. Belohnt werden diese Tugenden dann mit einem Zuschlag von 50 Cent, der vom Fahrgast zu entrichten ist.
Irgendetwas scheint die BFG an dem Werbe­slogan »Be open, be free, be Berlin« falsch verstanden zu haben. Lässt sie den Fahrgästen aus Bayern, Schwaben oder dem Rheinland generös ihr schwer verständliches Kauderwelsch durchgehen, sollen nun die Taxifahrerinnen und -fahrer, viele von ihnen mit Migrationshintergrund, Eloquenz auf Hochdeutsch beweisen. Die Kontrolle über diesen Service behält sich die Flughafengesellschaft selbst vor. Unklar ist, ob die fehlerfreie Aussprache der Straßennamen Oudenarder Straße, Chodowiecki- oder Garde-du-Corps-Straße dazugehört, genauso, ob ein herzliches »Sufficient to read off the charge!« als adäquate Antwort auf die Frage »Do you speak English?« durchgeht.
Anders als bei den Berliner Verkehrsbetrieben, die die bargeldlose Zahlung in Bussen verweigern und aus »Gründen der Sicherheit« das »Sprechen mit dem Fahrer« während der Fahrt untersagen, sollen die Taxifahrerinnen und -fahrer also zu Quasselstrippen erzogen werden. Den Segen der Genehmigungsbehörde hat diese Maßnahme schon jetzt. In einem Gespräch mit der Jungle World sagte die Pressereferentin der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Manuela Damianakis, die BFG mache von ihrem Hausrecht Gebrauch und der Senat werde sich einer Einigung zwischen der Flughafengesellschaft und den Gewerbevertretungen nicht in den Weg stellen.

Der Eifer, mit dem die BFG diese Neuregelung angeht, ist beachtlich. Schließlich soll Tegel schon 2011 geschlossen und der gesamte Flugverkehr von und nach Berlin auf dem neu gebauten Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) abgewickelt werden. Anders als Tegel liegt der BBI im brandenburgischen Landkreis Dahme-Spreewald. Wenn der Flugbetrieb beginnt, müsste sich die BFG dann noch mit der dortigen Genehmigungsbehörde für Taxis auseinandersetzen, und die zeigt sich von den Aktivitäten in Berlin bisher völlig unbeeindruckt.