Serie über Serien: »Knight Rider«

Looking For Freedom

Serie über Serien. Würde die Automobilindustrie mehr Produkte wie K.I.T.T. herstellen, wäre sie nicht so am Boden. Nicht nur wegen des sprechenden Wunderautos war bella morgan ein Fan von »Knight Rider«

Wer sich im Ausland als deutscher Staatsbürger zu erkennen gibt – was sich nicht immer vermeiden lässt –, dem können zwei Dinge geschehen. Entweder man befindet sich sofort in einem Gespräch über Fußball oder der Gesprächspartner beginnt zu grinsen und sagt so etwas wie: »Oh, ihr Deutschen findet doch David Hasselhoff so toll!«
Ich muss zugeben: Ich war tatsächlich sogar einmal auf einem Konzert von David Hasselhoff. Das ist allerdings auch schon ziemlich lange her. Wie alle meine Grundschulfreunde war ich Mitte der Achtziger nämlich ganz verrückt nach der Action-Krimi-Serie »Knight Rider«. So hatte ich nicht nur das schwarze Wunderauto K.I.T.T. in Spielzeuggröße in meiner Schultüte, sondern musste eben auch unbedingt dieses Konzert besuchen.
Natürlich haben wir die Abenteuer unserer Helden auch auf dem Schulhof nachgespielt. Der Nachbarsjunge spielte den ehemaligen Polizisten Michael Knight, der nach einem lebensgefährlichen Kopfschuss in einer komplizierten Operation gerettet wurde und eine neue Identität erhielt. Der schwer kranke Millionär Wilton Knight hatte ihn auserwählt, sein Lebenswerk, die Foundation für Recht und Verfassung, nach seinem baldigen Tod weiterzuführen. In deren Auftrag kämpfte Michael von nun an in seiner coolen schwarzen Lederjacke für die Schwachen und Entrechteten gegen fiese Terroristen, gierige Großgrundbesitzer und immer wieder gegen skrupellose Waffenhändler.
Dabei immer an seiner Seite war der heimliche Star der Serie, der superintelligente tiefschwarze Pontiac Trans Am K.I.T.T., der nicht nur sprechen, springen und auf zwei Rädern fahren konnte, sondern aufgrund seiner futuristischen Molekularversiegelung auch praktisch unzerstörbar war. »Superpörsudmod« (Super pursuit mode) brummte der Nachbarsjunge und legte sich beim Rennen in der Kurve schräg, um zu demonstrieren, dass er gerade mit 480 Stundenkilometern auf Verbrecherjagd war.
Zwischen ihren lebensgefährlichen Einsätzen kehrten Mann und Auto immer wieder in das mobile Hauptquartier der Foundation zurück, einen technisch hochgerüsteten Lastwagen, in den K.I.T.T. wundersamerweise bei voller Fahrt hinein- und aus dem er auch wieder herausfahren konnte. Dieses Hauptquartier malten wir uns zum Spielen mit der Ferse in den Brascheboden unseres Schulhofs. Im Hauptquartier warteten die Technikerin Dr. Bonnie Barstow und der Leiter der Foundation, der Brite Devon Miles, darauf, Michael neue Informationen zu übermitteln oder K.I.T.T. eine neue Superfähigkeit einzubauen.
Da interessante Frauenfiguren bei »Knight Rider« rar gesät waren, musste ich mich mit meiner besten Schulfreundin stets um das Recht auf die Rolle der Bonnie streiten. Dabei war uns kein Argument zu niveaulos, selbst wenn es auf die Haarfarbe abzielte, welche ich im Gegensatz zu meiner blonden Klassenkameradin mit der Wissenschaftlerin gemein hatte. Schließlich wollte niemand diese unselbständigen, verängstigten und völlig hilflosen Mäuschen spielen, die Michael Knight beständig retten musste. Die patente Bonnie war dagegen ein nachahmenswertes Vorbild für uns, die wir schließlich auch einmal emanzipierte Wissenschaftlerinnen werden wollten.
Vielleicht abgesehen von der Gewalt und Kriminalität war die Sendung ideal für Sechsjährige, weil sie so leicht verständlich war. Die Guten waren richtig gut und die Bösen waren wirklich fies, immer in Verschwörungen internationalen Ausmaßes verstrickt, und wohnten in riesigen Villen mit Bikini-Mädchen. Wissenschaftler trugen stets einen weißen Kittel und falsche Bärte waren so offensichtlich falsch, dass man sie sofort bemerkte. Am Ende jeder Folge kam es zum Showdown, in dem K.I.T.T. die Übeltäter mit einer sich plötzlich öffnenden Fahrertür zu Fall brachte oder die Flucht verhinderte, indem das Auto die Elektronik des Hubschraubers per Funkwellen störte. Dann konnte Michael Knight sich auch endlich das Mäuschen schnappen und in den Sonnenuntergang fahren.
Vielleicht sollten wir an dieser Stelle endlich aufhören zu leugnen und uns eingestehen, dass David Hasselhoff tatsächlich der größte Held auf deutschem Boden ist. Schließlich hat er mit seiner Freiheitshymne »Looking for Freedom« nicht nur mein Herz zum Schmelzen, sondern vor nunmehr fast zwanzig Jahren auch die Mauer zu Fall gebracht. Wer sonst könnte das von sich behaupten?