Ausgleich für den Folterer

Kaing Guek Eav ist seit über zehn Jahren inhaftiert. Der Prozess gegen ihn begann aber erst im Februar. Dass die lange Haftzeit vor dem Beginn des Verfahrens unrechtmäßig war, erkannte nun das Gericht an, vor dem der auch als »Genosse Duch« bekannte Mann steht: das UN-Sondertribunal in Kambodscha, vor dem die Verbrechen der Roten Khmer verhandelt werden. Die bisherige Haftzeit dürfte Duch der Entscheidung zufolge im endgültigen Urteil angerechnet werden. Eine lebenslange Haftstrafe scheint bisher sehr wahrscheinlich zu sein. Duch steht wegen Verbrechen gegen die Menschheit, Kriegsverbrechen, Folter und Mord vor Gericht. Unter seiner Leitung wurden im Foltergefängnis der Roten Khmer, Tuol Sleng, etwa 16 000 Menschen ermordet. Wie Duch in den vorangegangenen Wochen zugegeben hat, wurden unter seinem Befehl auch Säuglinge und Kleinkinder erschlagen.
»Selbstverständlich ist allen bewusst, dass ihm die zehn Jahre, die er im Gefängnis verbracht hat, am Ende abgezogen werden sollten. Die große Frage ist, ob in Betracht gezogen wird, ihm noch mehr Zeit anzurechnen«, befürchtet nun jedoch Alain Werner, der Anwalt der Zivilkläger. Auch Prozessbeobachter und die kambodschanische Öffentlichkeit beschäftigt es, ob Duch mehr Zeit auf seine Strafe angerechnet wird als die zehn Jahre, die er bereits im Gefängnis saß. Denn das Tribunal hat festgestellt, dass die bisherige Inhaftierung nicht nur gegen die Verfahrensvorschriften, sondern auch gegen die persönlichen Rechte des Mannes verstoßen habe. »Ich nehme mit Freude davon Notiz, dass das Gericht in unserem Sinn geurteilt hat«, äußerte sich ein Verteidiger des Angeklagten nach Berichten der Phnom Penh Post. »So kann er einen Ausgleich verlangen, wenn die Richter seine Stra­fe abwägen.« Bis zur Urteilsverkündung kann es allerdings noch dauern. Die Beweisaufnahme dürfte Schätzungen zufolge erst im Dezember abgeschlossen werden.