Wahlkampfhelfer aus Kanada

Ein »Riesenzirkus« sei das alles, schimpft der ehemalige Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber über seine Auslieferung an die deutschen Behörden Anfang dieser Woche. Nach seinem zehnjährigen Bemühen, sich der Abschiebung aus seinem Zufluchtsort Kanada zu entziehen, glaubt er sich in den Wahlkampf verwickelt. Gleich nach seiner Inhaftierung in Toronto am Sonntag sprach er von einem politischen Motiv. »In Deutschland sind schließlich im September Wahlen«, und da die SPD wegen ihm schon dreimal Wahlen gewonnen hätte, versuche sie dies nun wohl erneut. Seine groteske Selbstüberschätzung scheint ihn auch zu der verschwörungstheoretischen Annahme geführt zu haben, dass er in Deutschland einem politischen Schauprozess ausgesetzt sein werde, in dem es allein um Wahlerfolge gehe, nicht aber um Steuerhinterziehung, Korruption und Betrug. So schrieb er in einem Brief an den kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper, er erwarte in Deutschland keinen fairen Prozess. Eine Kopie des Briefes ging an die Bundeskanzlerin. Scheinbar erhofft er sich ihre Unterstützung im Kampf gegen die seiner Wahrnehmung nach politische oder gar sozialdemokratische Staatsanwaltschaft in Augsburg.
Dort wird er nämlich wegen der genannten Delikte angeklagt. Man darf gespannt sein, welche Details über den Ende der neunziger Jahre bekannt gewordenen CDU-Spendenskandal ans Licht kommen werden. Sein Geständnis könnte aber höchstens noch Innenminister Wolfgang Schäuble in Bedrängnis bringen, ansonsten eher ausgemusterte Politiker der Ära Kohl. Denn die Geschichte ist lange her, und das oberste Gericht in der Provinz Ontario ordnete auch bereits am 19. Mai 2004 Schreibers Abschiebung an. Nur konnte das Urteil erst nach der Abweisung der fünften Berufung durch das kanadische Gericht rechtskräftig werden. Somit dürfte Karlheinz Schreiber selbst für die Verzögerung seiner Auslieferung bis in die heiße Wahlkampfphase gesorgt haben.