Berlin Beatet Bestes, Folge 8

Ein Herz für Tiere

Berlin Beatet Bestes, Folge 8. Ursula Reit: »Wozu hat der Mensch die Hände?«

Ursula Reit (1915–1998), geboren in Wuppertal, war eine deutsche Schauspielerin. Ihre wahrschein­lich bekannteste Rolle war die der Miss Gloop, der dicken deutschen Mutter des dicken deutschen Kindes in »Willy Wonka & The Chocolate Factory« (»Charlie und die Schokoladenfabrik«, 1971) mit Gene Wilder in der Hauptrolle. Tim Burton verfilmte diesen Kinderbuchklassiker von Roald Dahl 2005 ein zweites Mal, diesmal mit Johnny Depp in der Hauptrolle.
Über die Karriere von Ursula Reit konnte ich wenig erfahren. Es scheint so, als ob sie erst an­fing, in Filmen mitzuspielen, als sie bereits über 40 war. In den späten sechziger und frühen siebziger Jahren tauchte sie vor allem in deut­schen B-Movies und Sex-Komödien in der Rolle der kauzigen dicken Frau auf. Die Liste ihrer Filme mutet skurril an: »Pudelnackt in Oberbayern« (1969), »Graf Porno und die liebesdurstigen Töchter« (1969), »Das bumsfidele Häuschen« (1971), »Blutjung und liebeshungrig« (»Naughty Nymphs«, 1972), »Eine Armee Gretchens« (»Frauleins in Uniform«, 1973), »Oktoberfest, da kann man fest!« (1973), »Magdalena, vom Teufel besessen« (»Beyond the Darkness«, 1974), »Schulmädchen-Report 9« (1975) und »Schulmädchen-Report 10« (1976).
Wann diese Schallplatte mit Ursula Reits Song »Wozu hat der Mensch die Hände?« entstand, ist mir nicht bekannt, aber ich nehme an, Anfang der achtziger Jahre, im Zuge der Kampagne »Ein Herz für Kinder« des Deutschen Tierschutzbundes. Einen Stem­pel des Vereins trägt diese Platte jedenfalls. Aufgenommen hat Ursula Reit sie auf ihrem eigenen Label URA. Offensichtlich lag ihr der Tierschutz sehr am Herzen. Auf der Rückseite des Covers ist der Aufruf zu lesen:

Liebe Tierfreunde,Tierversuche und Vogelmord, Massentierhaltung und Pferdetransporte sind nur einige der Leiden, die wir unserem »Stummen Bruder Tier« zufügen und mit denen wir das Gebot, unseren Nächs­ten zu lieben, verletzen – denn auch das Tier ist unser »Nächster«.

Und so schrieb sie auch den Text des Liedes:
Wozu hat der Mensch die Hände, seine Hände mitbekommen? Es bleibt ihm nicht unbenommen, was er tut mit diesen Händen. Hände sollen wärmen, streicheln und nicht foltern und nicht quälen/Soll’n nicht immer nur befehlen und gar ande­re bestehlen. Wozu hat der Mensch die Hände, seine Hände mitbekommen? In der Schule sollt’ man lehren, wie es um die Tiere steht. Und man soll das Sprichwort ehren, das lange schon besteht: Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz. Tiere sind wie kleine Kinder, sie vertrauen uns doch blind.
Leider ist die Platte schlecht. Es ist kaum zu ertragen, wie schlecht. Die Musik ist schlimmster Ersatz-Rock. Selbst die Zeichnung auf dem Cover ist schlecht. Der ernste Inhalt kommt dem Unterhaltungswert in die Quere, und die schlech­ten Reime unterlaufen wiederum den ernsten Inhalt. Ein bisschen so, wie mitunter Hardcore-Punk und Gangster-Rap. Ach, und ich vergaß, es zu erwähnen: Monika Reit kann überhaupt nicht singen. Und warum finde ich so einen Schrott nun interessant? Na, welche Platte ist schon gleichzeitig lustig, ernst gemeint und fast schon bizarr authentisch?