Debatte über christliche Weihnachtsbeleuchtung – Weihnachtsbeleuchtung hat nichts mit der Kirche zu tun

Licht an!

Nicht die Weihnachtsbeleuchtung ist das Problem. Mit Christentum und dem unzeitgemäßen Einfluss der Kirchen hat diese kaum etwas zu tun.
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Weihnachtsbeleuchtung. Was ist das überhaupt? In erster Linie handelt es sich um Illuminationen völlig unchristlicher Weihnachtsmänner, sehr irdischer Tannenbäume, natürlicher Himmelskörper wie Sterne und Kometen, Rentierschlitten und Wetterphänomenen wie Schneeflocken. ­Allenfalls Glocken und Engel fallen in die Rubrik explizit kirchlicher bzw. christlicher Motive. Wobei auch Glocken eigentlich aus China stammen und dort schon während der Schang-Dynastie, etwa 1600 bis 1027 v. Chr., beliebt waren. Bleiben die Engel. Geflügelte göttliche oder gottähnliche Wesen finden wir schon bei der Darstellung altägyptischer Gottheiten wie etwa Isis. Und später tauchen Engel als Boten Gottes sowohl im Judentum, im Christum als auch im Islam auf. Engel sind zwar eindeutig religiöse Symbole, als Symbol des Christentums herhalten. Die wirklich christlichen Bekenntnisse, die uns dieser Tage in den Fußgängerzonen begegnen und uns zu missionieren trachten, leuchten nicht. Es sind die Krippen, mit der Darstellung des Jesuskindleins und der dazugehörigen Mischpoke. Solche sind übrigens selbstverständlich auch in Krefeld zu bestaunen, unter ­anderem auf dem örtlichen Weihnachtsmarkt.
Genaugenommen ist Weihnachten nur zu einem kleinen Teil ein christliches Fest. Die meisten der wirklich prägenden Bräuche wie der geschmückte Nadelbaum und der Weihnachtsmann stammen aus anderen, heidnischen Traditionen, wie der Wintersonnenwendfeier. Und Plätzchen zu backen oder sich Krawatten und Playstations zu schenken, kann ebenfalls kaum als besonders fromme oder auch nur metaphysische Geste verstanden werden. Dennoch wird in christlich geprägten Kulturen Weihnachten gefeiert und in anderen nicht.

In den USA gibt es schon lange einen regelrechten Kampf um die Deutungshoheit über die ­Feiertage am Jahresende. Trotz evangelikalem Rollback in der Gesellschaft dominieren hier aber nach wie vor klar die Säkularisten. Die Adventszeit wird offiziell nur »Holiday Season« ­genannt, die Präsidenten – und selbst der evangelisch-methodistische George W. Bush hielt es so – wünschen ihrer Bevölkerung »Happy Holiday« statt »Merry Christmas«. Oft klingen Weihnachtsgrüße so wie beim Radio-Sender »New York One«: »Happy Holiday. And may peace be with you. Whatever you celebrate.« Seit einem Urteil des Obersten Gerichtshofs im Jahr 1985 ist es in den USA sogar nur dann erlaubt, auf öffentlichen Plätzen Krippenspiele aufzuführen, wenn sie durch nichtchristliche Symbole wie Weihnachtsmänner oder Rentiere ergänzt werden.
Obwohl fast 80 Prozent der Amerikaner sich als Christen bezeichnen und es in Deutschland lediglich 60 Prozent sind, ist Deutschland von solcher Säkularisierung viel weiter entfernt. Dieses Land hier ist im Vergleich geradezu ein Kirchenstaat, in dem die Kirchen ihre Lehrer in die Schulen schicken dürfen und der Staat per Steuer das Einkassieren der Mitgliedsbeiträge übernimmt. Die Weihnachtsbeleuchtung ist dabei das allergeringste Problem. Genaugenommen ist sie sogar genau der falsche Ansatzpunkt für Kritik. Fundament eines säkularen Gemeinwesens muss die Religionsfreiheit sein. Wenn Geschäftsleute der Meinung sind, mit christlichem Schnickschnack Kunden ködern zu können, so ist es ihr gutes Recht, das zu versuchen. Wenn das nicht mehr zieht, werden sie es von alleine aufgeben. Und das ist wohl auch der Hintergrund des Verzichts der Krefelder Geschäftsleute auf weihnachtliche Symbolik in der Winterlichtdekoration.

Der zentrale Punkt, um den allerdings zu streiten wäre, ist die Definition des öffentlichen Raums und die Frage, wer das Recht zu dessen Gestaltung hat. Da geht es um Kirchtürme und Minarette, aber auch allgemein um Architektur und Stadtplanung, um Graffiti und Denkmäler, Parkanlagen und U-Bahn-Sitzpolster, um Kreuze im Klassenzimmer und ganz am Ende vielleicht auch um eine mehr oder weniger religiös aufgeladene Beleuchtung der Fußgängerzone in der dunklen Jahreszeit. Linke kritisieren meist, dass der öffentliche Raum nicht demokratisch gestaltet werde, sondern durch die zunehmende Privatisierung immer mehr von Unternehmen. Doch eine demokratische Raumgestaltung ist nicht zwangsläufig die fortschrittlichere, wie das Ergebnis des Referendums in der Schweiz zum Minarett-Bau gezeigt hat. Was würde eine Volksabstimmung zur Weihnachtsbeleuchtung im schwer christlichen Krefeld ergeben? In einer Stadt, auf deren offiziellem Stadtwappen ein Heiliger abgebildet ist, der seinen abgeschlagenen Kopf in der rechten Hand hält! Wie sähe die entsprechende Weihnachtsbeleuchtung aus? Man möchte es sich nicht ausmalen. Also dann lieber ein paar Sterne und Engel anknipsen!