Debatte über christliche Weihnachtsbeleuchtung – Alle Lichter ausmachen!

Licht aus!

Die in der Krefelder Werbegemeinschaft organisierten Einzelhändler verzichten in diesem Jahr auf die Weihnachtsbeleuchtung. Ein Schritt, der unbedingt zu begrüßen ist.

Franz-Joseph Greve ist ein kluger Mann. »Religiöse Motive gehören in die eigene Wohnung oder in die Kirche, nicht aber in die Geschäfte«, begründete der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Krefeld e.V. den Beschluss der in diesem Verein zusammengeschlossenen Einzelhändler, auf die Weihnachtsbeleuchtung in der niederrheinischen »Samt- und Seidenstadt« zu verzichten. Schließlich habe »ein großer Teil der Bevölkerung keine Antenne mehr für die Religion« oder sei »nicht-christlichen Glaubens«, sagte er. Es war abzusehen, dass diese Entscheidung und die für sie vorgetragenen Argumente die Kritik von Kirchendienern herausfordern würde. »Gerade an Weihnachten gehören die christlichen Motive in die breiteste Öffentlichkeit, weil Weihnachten das unüberbietbare Ja Gottes zum Menschen und zur Menschlichkeit ist«, frömmelte der Kölner Weihbischof Rainer Maria Woelki. Und Augsburgs berüchtigter Bischof Walter Mixa wehklagte: »Wer christliche Kultur und Brauchtum aus dem öffentlichen Leben verbannen will, macht unsere Städte endgültig zu einer seelenlosen Konsum-Ödnis«. Doch auch diese Einwände bremste Greve, der selbst Mitglied des Kirchenvorstandes einer Krefelder Gemeinde ist, aus: »Wir sollten religiöse Motive nicht für kommerzielle Zwecke einsetzen.«

Das war taktisch geschickt formuliert, denn auf diese Weise schlug der Werbemann die Gottesfürsten sozusagen mit ihren eigenen Hirtenstäben. Richtig und gewichtig ist jedoch vor allem sein Argument, dass Religion Privatsache ist und so weit wie möglich aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden sollte, auch und ganz besonders zu Weihnachten. Für wen dieses vermeintliche »Fest der Liebe« tatsächlich »das unüberbietbare Ja Gottes zum Menschen und zur Menschlichkeit« ist, dem verbietet schließlich niemand, seine eigenen vier Wände mit den dazugehörigen In­signien zu schmücken, sie mit Lichterketten zu behängen und das »Opium des Volkes« in Form penetrant riechender Räucherstäbchen einzuatmen. Es genügt schon, bereits im Frühherbst in den Kaufhäusern über die Vielzahl offenbar unvermeidlicher christlicher Devotionalien zu stolpern. Da muss es wirklich nicht (mehr) sein, auch noch in den Straßen der Innenstädte damit belästigt zu werden.
Außerdem hat die typische Weihnachtsbeleuchtung etwas ziemlich Provinzielles; in vielen Metropolen dieser Welt ist sie jedenfalls nicht zu sehen, wie auch Franz-Joseph Greve weiß: »Paris, London, New York – wenn man in die Kataloge von internationalen Dekorationsanbietern blickt, sucht man dort vergeblich nach religiösen Mo­tiven.« Nun wird Krefeld zwar gewiss nicht zur kosmopolitischen Großstadt, bloß weil dort keine überdimensionalen Sterne, Krippen und Engel mehr die Einkaufsstraßen illuminieren, aber die Initiative seiner Werbegemeinschaft ist trotzdem ein erfreuliches und begrüßenswertes Zeichen. Möge sie von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen zahllose Nachahmer finden!

Von verschiedenen Seiten wurde gegen die Krefelder Entscheidung eingewandt, sie bedeute einen Kotau vor anderen Kulturen und Religionen. Doch das ist aus drei Gründen Unsinn: Erstens wird dadurch der rassistischen Mär von der »Überfremdung Deutschlands« das Wort geredet. Zweitens dürfte sich noch nie ein nicht-christlicher Bewohner Krefelds durch die christliche Festbeleuchtung in der City ernsthaft beleidigt gefühlt haben; von einem Aufruf zum Jihad gegen den Einzelhandel etwa ist bislang nichts bekannt geworden. Drittens hat Franz-Joseph Greve hinreichend deutlich gemacht, dass sein Verein nicht zuletzt auf die immer größer werdende Zahl von Menschen Rücksicht zu nehmen gedenkt, denen religiöse Gefühle fremd, wo nicht zuwider sind. Wenn das nicht ein überaus sympathischer Zug ist!
Und last but not least muss ohnehin niemand auf eine strahlende Krefelder Innenstadt verzichten: Man setze, erklärte Greve, statt der Weihnachts- eine »Winterbeleuchtung« ein, bestehend aus beleuchteten Wasserfällen, Lichtmatten und weiteren zur Jahreszeit passenden Dekora­tionselementen. Diese hätten zudem »den positiven Effekt«, dass sie »länger hängen bleiben« könnten. So geht selbst der obligatorische Umtausch unerwünschter oder unpassender Weihnachtsgeschenke in angenehmer Atmosphäre von­statten. Von wegen seelenlose Konsum-Ödnis!