Über die Räumung des Casinos in Frankfurt

Campus mit Polizei

Nach der brachialen Räumung des Casinos in Frankfurt mussten mehrere Studierende im Krankenhaus behandelt werden.

Ganze zwei Tage war das Casino auf dem Campus Westend (IG-Farben-Campus) der Goethe-Universität Frankfurt am Main besetzt. Am Mittwochabend voriger Woche verkündete der Universitätspräsident Werner Müller-Esterl den zirka 300 anwesenden Studierenden, das Gebäude räumen zu lassen und drohte mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruch. Dieser Schritt sei angeblich notwendig, weil im besetzten Gebäude ein Schaden in sechsstelliger Höhe verursacht worden sei. Das Prostplenum sprach dagegen von »lächerlichen Sachschäden«, die dazu benutzt würden, eine inhaltliche Debatte zu vermeiden.
Ein martialisches Polizeiaufgebot begann mit der Räumung, während drinnen etwa 150 Studierende mit dem Soziologieprofesser Thomas Sablowski ein Kapital-Seminar abhielten. Nach Angaben des Asta kam es zu »Jagdszenen«, weil Studierende die Universität nicht schnell genug verließen oder spontan vor dem Campus gegen die Räumung protestierten. Mindestens fünf von ihnen mussten wegen Platzwunden oder Knochenbrüchen im Krankenhaus behandelt werden, darunter zwei, die von Polizeiautos angefahren worden waren. Müller-Esterl dankte der Polizei für ihren »professionellen« Einsatz, während Lehrkräfte, Gewerkschafter und Künstler ihre Solidarität mit den Studierenden ausdrückten.
Was zurzeit an der Frankfurter Universität geschieht, zeigt eine neue Qualität im Umgang mit studentischem Protest. So wurde der AfE-Turm mehrfach geräumt und Studierenden wie Lehrenden der Zutritt von der Polizei verweigert. Am IG-Farben-Campus ist die Polizei allgegenwärtig. Schon im normalen Betrieb seien einzelne Gebäude wie das House of Finance, »zuweilen ein Hochsicherheitstrakt«, schrieb die Frankfurter Rundschau. Die Universitätsleitung zog sogar die Exmatrikulation von »Störern« in Erwägung.
Dennoch kann Müller-Esterl mit Recht von sich behaupten, das zu tun, was viele Studierende und Lehrende für richtig halten. Mehrere Fachschaften erklärten sich solidarisch mit ihm. Auch seine Forderung nach mehr Geld für »bessere« Bildung hätte ihn in den vergangen Jahren zu einem Vorzeige-Demonstranten gemacht.
Hier macht sich ein an der Goethe-Universität herrschender Konflikt bemerkbar. Vielen genügt es, im Einvernehmen mit der Universitätsleitung mehr Geld für Bildung zu fordern. Im Mittelpunkt steht aber nicht die Forderung nach mehr Geld, sondern der Streit um den gesellschaftlichen Gebrauchswert der Bildung. So schrieben Studierende in einer Resolution: »Wir stehen nicht an der Seite derer, die als Protestler oder Politiker deswegen Bildungspolitik betreiben, damit Deutschland in der internationalen Konkurrenz besser dasteht. (…) Wir sind nicht hier, um unsere eigenen Karrierechancen zu verbessern.«