Obamas Kuba-Politik

Die Insel bleibt Feindesland

Die US-Regierung hat Kuba auf die Liste der »Terrorstaaten« gesetzt, die Kubaner protestierten. Anders als von vielen erhofft, scheint Präsident Barack Obama die Kuba-Politik nicht grundsätzlich ändern zu wollen.

Die Presseerklärung aus dem kubanischen Außenministerium ist unvermissverständlich. Ungerechtfertigt und willkürlich sei das Vorgehen der US-Regierung, Kuba auf eine neue Liste von insgesamt 14 Ländern zu setzen, die als »Schirmherren des Terrorismus« bezeichnet werden. Nach dem fehlgeschlagenen Attentat auf ein US-Flugzeug über Detroit waren weitere Maßnahmen beschlossen worden. So hat das Außenminsiterium der USA verfügt, ab sofort die Bürger der 14 Staaten zusätzlichen Sicherheitschecks zu unterziehen. Am Abend des 5. Januar habe Präsident Barack Obama diese Anordnung bekräftigt, berichtet die kubanische Parteizeitung Granma in ihrer Ausgaben vom Freitag der vorigen Woche. Die Zeitung druckte die umfangreiche Note des Außenministeriums vom Vortag ab.
In Havanna wurde Jonathan Farrar, der Leiter der US-Interessenvertretung – eine offizielle Botschaft gibt es nicht –, einbestellt und in Washington ersuchte sein kubanischer Kollege um einen Termin im Außenministerium, um den Protest seiner Regierung zu übermitteln. Als »feindliche Handlung« wurde das Vorgehen des US-Außenministeriums von der kubanischen Regierung bezeichnet, obendrein sei es »diskriminierend und selektiv«. Es gehe darum, die Blockadepolitik zu rechtfertigen, die von der UN-Generalversammlung regelmäßig verurteilt werde. Die Forderung, Kuba umgehend wieder von der Liste zu streichen, wurde von der US-Regierung jedoch nicht erhört.

Doch nicht nur in Kuba wird das Vorgehen der US-Regierung kritisiert. Die Washington Post etwa bezeichnete es als »Zeitverschwendung«, aus Kuba kommenden Flugzeugen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, es gebe »keine Geschichte des radikalen Islam« in Kuba. Mit der Terrorbekämpfung hat die Entscheidung des US-Außenministeriums offenbar wenig zu tun, doch beendet sie zwölf hoffnungsvolle Monate.
Viele Menschen hofften auf ein Ende der Feindseligkeiten zwischen dem »Koloss im Norden«, wie Kubas Nationalheld José Martí die USA einst nannte, und der Insel, die sich hartnäckig den Gesetzen der Schwerkraft widersetzt. Schon Präsident Thomas Jefferson hatte nämlich einst schwadroniert, dass Kuba wie ein reifer Apfel in den Schoß Amerikas fallen müsse.
Eingetreten ist das nicht, und die US-Regierung tut sich auch unter Barack Obama schwer, die Politik der Konfrontation zu beenden. Folglich wurde Kuba auch nicht von der Liste der »Terrorstaaten« gestrichen, die alljährlich aktualisiert wird. Dies geschah zuletzt am 30. April 2009, und wieder stand Kuba auf der Liste, was auf der Insel mit einigem Unglauben registriert wurde. Schließlich, so das Außenministerium, gibt es keinerlei Belege dafür, dass terroristische Akte von Kuba aus geplant oder koordiniert wurden.
Vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus. Barack Obama hat es schlicht versäumt, jene Bereitschaft zur Verständigung zu zeigen, die er von der kubanischen Regierung mehrfach verlangt hatte. Zwar waren die Reiseerleichterungen für Exilkubaner genauso wichtigt wie der Abbau der Beschränkungen bei den Geldüberweisungen. Obama hatte diese Maßnahmen den exilkubanischen Wählern in Miami versprochen. Ein echtes Zugeständnis der USA hat es jedoch nicht gegeben.
Dabei wäre es nicht allzu schwierig gewesen. Seit 1998 sitzen fünf kubanische Geheimagenten, die exilkubanische Terrororganisationen ausspionieren sollten, in US-Gefängnissen. Menschenrechtler fordern seit langem einen fairen Prozess für die »Miami Five«, die zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Bereits eine neuerliche Prüfung des Falls hätte als Entgegenkommen verstanden werden können. Die Möglichkeit zu Zu­geständnissen hätte Barack Obama auch bezüglich des US-Militärstützpunkts in Guantánamo, den Fidel Castro als »Stachel im eigenen Fleisch« bezeichnet hat. Auch eine Schließung der Propagandasender Radio Martí und Televisión Martí, denen selbst in einer Untersuchung des US-Kongresses Ineffektivität bescheinigt wurde, wäre der kubanischen Regierung willkommen.

Doch zu derartigen Gesten ist Obama nicht bereit, und viel mehr als die Bekundung seiner Bereitschaft, sich mit dem US-Präsidenten zu treffen, hat sich auch der kubanische Staats- und Regierungschef Raúl Castro nicht entlocken lassen. So hat sich das Verhältnis in den vergangenen acht Monaten merklich verschlechtert. Kuba ist aus verschiedenen Gründen dazu übergangen, seine Importe aus den USA zu verringern, und das jüngste große Manöver der Armee diente einmal mehr der Demonstration der Kampfbereitschaft.
Da passt es ins Bild, dass derzeit ein US-Amerikaner in Havanna festgehalten wird, weil er kubanischen Angaben zufolge ein Geheimagent ist. Das bestreiten die Amerikaner. Der Mann, der für die Entwicklungshilfeorganisation Development Alternatives auf der Insel war, arbeitete für ein Projekt der US-Regierung zur Verbesserung der Telekommunikation. Mobiltelefone und Kleincomputer hat der Mann den kubanischen Behörden zufolge allerdings ausschließlich an Dissidenten ausgeliefert. Das betrachtet die kubanische Regierung als Affront, der Mann sitzt seit Anfang Dezember im Gefängnis.