Die Spaziergängerin von Kreuzberg

Katharina Rutschky. Was in fast allen Nachrufen auf Katharina Rutschky vorkommt, sind die zufälligen Begegnungen mit dieser schlauen und auch streitlustigen Autorin mit dem Achtundsechziger-Hintergrund irgendwo in Berlin. Und es stimmt, man kann gar nicht in Berlin leben und ihr nicht irgendwann begegnet sein, beim Kaiser’s in Kreuzberg, in der Bücherei, im Park. Sie war keine Podiumsintellektuelle, die sich auf jedes Panel schicken ließ, sondern einer dieser kritischen Geister mit eigener politischer Marschroute. An feministischen Debatten interessiert, wurde sie zu einer wichtigen Kritikerin des deutschen »Opfer-Feminismus«. Mit ihrer Kritik an der Dramatisierung des Themas Kindesmissbrauch (»Erregte Aufklärung«, 1992) legte sie sich mit großen Teilen der feministischen Szene an, wurde geschmäht und bedroht. Dass sie oft mit Mann oder Hund unterwegs war, hatte andere Gründe. Katharina Rutschky liebte Spaziergänge und war eine große Flaneurin. Im Alter von nur 69 Jahren verstarb sie nach schwerer Krankheit.   her