Von den Wolken in die Gosse

In der Regel fließt das Leben so dahin und dann stirbt man, irgendwann. Als Gegengift zur Routine gibt es die aufregenden Bücher von William Boyd.
Adam Kindred, ein junger, erfolgreicher Klimatologe und Held des neuen Boyd-Romans »Einfache Gewitter«, kann sich nur die Augen reiben, angesichts der Geschwindigkeit, mit der sein Leben umgekrempelt wird. Die lässige Zwangsläufigkeit, mit der der in London lebende Autor einen Unschuldigen zum einzigen Verdächtigen in einem Mordfall macht, so dass Kindred tatsächlich nichts anderes übrig bleibt, als sich von seinem bisherigen Leben vollständig zu lösen und in den Untergrund zu gehen, das hat erzählerische Größe.
»Einfache Gewitter« ist kein herkömmlicher Thriller, wenngleich es hier sehr wohl um den Kampf eines Einzelnen mit Mächten geht, die sehr viel stärker sind als er. Das Böse hat dann auch einen bekannten Namen: Pharmaindus­trie. Schön, dass Boyd mehr will. Dass ihm ebenso sehr an der existentiellen Verwandlung Kindreds vom Wolkenforscher zum geschickt agierenden Straßenpenner liegt. Und nicht weniger an der plastischen Zeichnung verschiedener Londoner Milieus: So lernen wir nicht nur Kindred kennen und schätzen, sondern auch eine charakterstarke Polizistin, einen abgestumpften Söldner, der sich als brutaler Killer verdingt, sowie einen gar nicht mal so unsympathischen Pharma-Boss – möglicherweise selbst ein Opfer dunkler Machenschaften.

William Boyd: Einfache Gewitter. Berlin-Verlag 2009, 448 Seiten, 25 Euro