Euer Volk verlangt nach Schoko­törtchen

Wenn man vom Magazin Time zu einem der 25 einflussreichsten Menschen der USA erkoren wurde, das aber bereits 1997 geschah, und wenn man mehrmals den Nobelpreis für Wirtschaft fast, aber eben nur fast bekommen hat, muss man der Öffentlichkeit etwas bieten, um im Gespäch zu bleiben. Das hat Paul Romer mit seinem Projekt »Charter Cities« getan. Er schlägt vor, dass die Regierungen armer Länder ungenutzte Flächen für den Städtebau zur Verfügung stellen. Die Herrschaft übernimmt ein Industriestaat, der die Gesetze für die Stadt erlässt und auch die Polizisten und Bürokraten stellt. Der Aufschwung kommt dann ganz von selbst, weil ja die Rahmenbedingungen stimmen.
Das Konzept erinnert verdächtig an Strategiespiele, bei denen man aus dem Nichts eine blühende Siedlung, eine Metropole oder auch ein Weltreich erschaffen kann. Häufig kann der Spieler auch die Regierungsform wechseln, also etwa die lästig gewordene Demokratie abschaffen und den Polizeistaat einführen. Allerdings sind die Programmierer wesentlich kritischer als Romer, der Aufschwung kommt nämlich nicht von selbst, und man muss immer seine Untertanen zufriedenstellen. Wer beim Spiel »Die Völker« über die Amazonen herrscht, wird schnell mit einer Mahnung konfrontiert: »Euer Volk verlangt nach Schokotörtchen.« Wehe, die Amazonen bekommen dann ihre Schokotörtchen nicht. Bei »Civilization« wird der unzufriedene Städter rot und stellt die Arbeit ein, in einer älteren Version rebelliert er, der Spieler erhält dann die Meldung: »Der Bürgermeister flieht in Panik.« Ist der kulturelle Einfluss eines Nachbarn zu groß, kann es passieren, dass eine Stadt nach einem Aufstand die Seiten wechselt. Der virtuelle Pöbel will unterhalten werden, erforderlich ist auch die Förderung der Religion, denn Opium kann man nicht verteilen. Alle diese Notwendigkeiten effizienter Verwaltung ignoriert Romer. Er spielt wohl lieber »1503«, dort verschwinden die Siedler einfach wieder, wenn sie nicht genug Rum erhalten, machen aber keinen Krawall. Dass die Menschen seine Charter City jederzeit verlassen können, hält der Ökonom auch den Kritikern entgegen, die sein Konzept als kolonialistisch und autoritär bezeichnen.
Romer, der im Jahr 2000 die Softwarefirma Aplia gründete, hat selbst eine Art Computerspiel für Studenten entwickelt, ein Programm, bei dem »die gesamte Klasse an simulierten Märkten teilhaben kann«, wie die Washington Post berichtet. Doch wie die meisten Ökonomen neigt Romer dazu, die ganze Welt als simulierten Markt zu betrachten und sich dann zu wundern, wenn alles ganz anders läuft, als es vorausberechnet wurde. So werden uns Städte wie Guido City, Angelalopolis, Sarkoville oder Browntown erspart bleiben, und wieder wird Romer vergeblich auf den Nobelpreis warten.