Die Wahlen in Sri Lanka

Umstellt im Hotel

Mahinda Rajapaksa hat die vorgezogene Präsidentschaftswahl in Sri Lanka gewonnen. Doch im Wahlkampf kam es zu Übergriffen, die Opposition wirft ihm Manipulationen vor, und das Land ist nach dem Ende des Bürgerkriegs weiterhin gespalten.

Der Vorsprung war größer als erwartet. Mahinda Rajapaksa hat es geschafft, sich in der Präsidentschaftswahl am Dienstag der vergangenen Woche 57,88 Prozent der Stimmen für seine zweite Amts­zeit zu sichern. Sein Herausforderer Sarath Fonseka, der von den meisten Oppositionellen, darunter auch tamilischen Parteien, unterstützte ehemalige Generalstabschef, konnte dagegen nur 40,15 Pro­zent der Stimmen für sich verbuchen.
Nach dem militärischen Sieg über die Guerilla der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) und dem Ende des Bürgerkriegs hätte Rajapaksa seine Präsidentschaft zwar am liebsten ohne eine Wahl verlängert, die eigentlich erst 2011 angestanden hätte, doch die Mehrheitsverhältnisse im Parlament erlaubten das nicht. Also zog er das Votum vor, um so noch vom nationalistischen Siegesrausch unter der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit zu profitieren. Als Kriegsheld präsentierte sich allerdings auch Fonseka, der den Feldzug geleitet hatte. Der Präsident konnte jedoch die staat­liche Propaganda- und Medienmaschinerie für sich einsetzen. Während des Wahlkampfs kam es auch zu fast 1 000 Übergriffen, überwiegend auf Anhänger der Opposition.
Als sich am Wahlabend Rajapaksas Sieg abzeich­nete und seine Anhänger in Autokonvois hupend durch die Hauptstadt Colombo zogen, wuchsen die Spannungen. Die Opposition warf der Regierung Manipulationen bei der Stimm­auszählung vor. Daraufhin sollen Soldaten und Angehörige der Sicherheitsdienste vor regierungskritischen Sendern Stellung bezogen haben, etliche News-Websites wurden landesweit gesperrt.

Internationales Aufsehen erregte die Einkesselung des Cinnamon Hotels, in dem sich zu diesem Zeitpunkt Fonseka, der noch nicht offiziell zum Verlierer der Wahlen erklärt worden war, mit mehreren hundert Anhängern aufhielt. Im staatlichen Fernsehen SLRC wurde von einem aufgedeckten Plan für einen Anschlag auf Präsident Ra­japaksa und einem möglichen Putschversuch berichtet, den Gefolgsleute Fonsekas geplant hätten. Die Belagerung hielt noch bis zum nächsten Tag an, erst dann durfte der Konvoi des ehemaligen Generals zu dessen Wohnsitz abfahren.
Fonseka sagt nun, er befürchte einen gegen ihn gerichteten Anschlag, dennoch habe ihm die Regierung verboten, das Land zu verlassen. Am Frei­tag voriger Woche wurde sein Büro durchsucht, angeblich fahndete die Polizei dort nach Deserteuren.
Die Wahlbeteiligung war mit etwa 75 Prozent recht hoch, doch gab es große regionale Unterschiede. Insbesondere im überwiegend tamilischen Nordosten des Inselstaates lag sie erheblich niedriger. Dort soll sie Wahlbeobachtern zufolge mancherorts weniger als ein Sechstel betragen haben.
In dieser Region gibt es eine stark ausgeprägte Antipathie gegenüber Rajapaksa und Fonseka, die als die zwei Hauptverantwortlichen für die mi­li­tärische Rückeroberung des ehemaligen Kerngebiets der Tamil Tigers gelten und sich dessen auch rühmen. Die Lebenssituation für die tamilische und muslimische Bevölkerung im Nordosten hat sich in den vergangenen Monaten kaum gebessert. Der Wiederaufbau verläuft so schleppend, dass ein Großteil der Bevölkerung sich in der Annahme bestätigt sieht, den Politikern in der Hauptstadt Colombo sei ihr Schicksal weiterhin egal.

Hunderttausende müssen noch immer in Flüchtlingslagern leben. Bislang wurden die Internierungslager für ehemalige und vermutliche Kombattanten der LTTE nicht aufgelöst, obwohl die Regierung dies angekündigt hatte. Die größtenteils ohne Rücksicht auf zivile Opfer ausgefochtenen Kämpfe, die in der Endphase des rund 25jäh­rigen Bürgerkriegs nochmals Tausende Todesopfer forderten, liegen weniger als ein Jahr zurück. Der Herrschaft der Tamil Tigers folgte ein Besatzungsregime, die Bevölkerung ist den Schikanen der Sicherheitskräfte und Geheimdienstler sowie regierungstreuer Milizen ausgesetzt. Es ist daher kein Wunder, dass den beiden maßgeblich für die­se Zustände verantwortlichen Kandidaten wenig Vertrauen entgegengebracht wird.
Trotzdem dürften viele Wähler im Nordosten die Absicht gehabt haben, den Empfehlungen lokal einflussreicher Parteien zu folgen und mit Fonseka das kleinere Übel zu wählen. Doch vor der Wahl wurden insbesondere in diesen Landesteilen zu wenige Wahlberechtigungskarten verteilt, die benötigten Ausweispapiere konnten ebenfalls nicht rechtzeitig ausgestellt werden, und der in Aussicht gestellte Transport der Menschen zu den Wahllokalen fand gar nicht oder nur verspätet statt. In Jaffna und anderen Orten explodierten am Morgen der Abstimmung Bomben und es wurde geschossen, so dass ein Großteil der dortigen Bevölkerung sich nicht in Gefahr begeben wollte.
Andernorts in Sri Lanka gab es ebenfalls Probleme. Wahllokale blieben geschlossen, Wahlhelfer wurden bedroht und unabhängigen Beobachtern wurde der Zutritt verwehrt. Die Wählerverzeichnisse erwiesen sich als lückenhaft. Das prominenteste Opfer war der Oppositionskandidat Fonseka, der nicht registriert war und seine Stimme nicht abgeben durfte. Kurz darauf wurde aus dem Kreis der Regierung verkündet, dass Fonsekas Kandidatur unrechtmäßig gewesen sei, da er nicht einmal hätte wählen dürfen und man daher nun gerichtlich gegen ihn vorgehen wolle. Dieser Auffassung widersprach jedoch umgehend die Leitung der staatlichen Wahlbehörde, die ansonsten einige Unregelmäßigkeiten eingestand, diese aber für unbedeutend erklärte. Ihr Vorsitzender Dayananda Dissanayake wird von allen Seiten harsch kritisiert und hat seit geraumer Zeit wiederholt anonyme Morddrohungen erhalten. Er äußerte nun den Wunsch, sein Amt so bald wie möglich niederzulegen.

Doch man kann die Entwicklungen auch positiv sehen. Optimisten freuen sich darüber, dass es fortan mit der Herrschaft Rajapaksas bergab gehen könnte. Die Wahl habe gezeigt, dass der Präsident ohne Manipulationen angesichts der großen Probleme im Land keine Mehrheit erzielen könne. Die Zeit der Wahlgeschenke sei vorbei und die Geduld der Bevölkerung nicht unendlich. Vor allem aber verbietet die Verfassung Rajapaksa eine weitere Kandidatur, daher habe die vorgezogene Wahl auch ihr Gutes gehabt, da sie die Gesamtzeit seiner Herrschaft verkürze.
Die Nachricht, dass der Präsident nun das Parlament frühzeitig auflösen und die Wahlen eben­falls vorziehen will, dürfte dagegen wieder für Pessimismus sorgen. Denn Rajapaksa könnte nun versuchen, mit einer nach den Wahlen womöglich ausreichenden Mehrheit die Verfassung so zu ändern, dass sie ihm eine weitere Amtszeit ermöglicht.