Ein General gegen die Generäle

Sechs Jahre lang durfte Tin Oo sein Haus nicht verlassen. Seit Samstag darf der ehemalige General wieder ausgehen. Tin Oo ist der Vizevorsitzende der National League for Democracy (NLD), der größten Oppositionspartei Myanmars, deren Vorsitzende Aung San Suu Kyi weiterhin unter Hausarrest steht. Möglicherweise hält die Militärregierung den 83jährigen, dessen Gesundheitszustand als schlecht gilt, nicht mehr für fähig, eine wichtige politische Rolle zu spielen. »Er ist ein guter Anführer für die NLD, aber er hat nicht so viel Einfluss wie Aung San Suu Kyi. Deshalb glauben die Generäle, dass er die kommenden Wahlen nicht behindern kann«, urteilt Aye Thar Aung, Sekretär des Oppositionsbündnisses Committee Representing Peoples’ Parliament. Tin Oo sagte, er werde weiter für die Demokratie kämpfen.
Die Militärregierung hat angekündigt, dass Wahlen noch in diesem Jahr stattfinden sollen, ein Datum wurde jedoch nicht festgelegt. Nach dem Aufstand im Jahr 2007 sah sich das Regime gezwungen, Reformen wenigstens zu versprechen, doch müssen die Generäle damit rechnen, dass die NLD wie im Jahr 1990 die Wahlen gewinnt, die damals anulliert wurden. Tin Oo gehörte 1988 zu den Gründern der NLD. Er war im Jahr 1976 gezwungen worden, von seinem Amt als Generalstabschef zurückzutreten. Angeblich hatte seine Frau ein Bestechungsgeld angenommen, später wurde er unter anderem wegen Hochverrat zu sieben Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Den anderen Generälen war Tin Oo, zu dessen Unterstützung damals demonstriert wurde, offenbar zu populär. 1980 wurde er im Rahmen einer Amnestie aus der Haft entlassen, doch seit Ende der achtziger Jahre war er mit kurzen Unterbrechungen in Haft oder stand unter Hausarrest. Zuletzt war er im Jahr 2003 gemeinsam mit Suu Kyi festgenommen worden. Der Hausarrest der NLD-Vorsitzenden wurde im August 2009 um weitere 18 Monate verlängert, an einem Wahlkampf kann sie voraussichtlich nicht teilnehmen. Im vergangenen Jahr verhandelte sie jedoch mit Repräsentanten des Regimes, das an einer Aufhebung der Sanktionen interessiert ist. Ein Kompromiss mit der Opposition wäre da hilfreich. Die Aufhebung des Hausarrests könnte jedoch auch ein weiterer Versuch der Generäle sein, mit einer symbolischen Geste die internationalen Institutionen zu besänftigen.