Unser Geld, unsere Bananen

Droht demnächst so etwas wie ein neuer Karikaturenstreit mitten in Europa? Um Karikaturen geht es in diesem Fall nicht, sondern um eine Fotomontage in einer deutschen Zeitschrift, die in Griechenland große Verärgerung ausgelöst hat.
In der Ausgabe vom 22.Februar war auf dem Titelbild des Magazins Focus die Statue der Venus von Milo zu sehen, die den Mittelfinger zeigt. Daneben die Schlagzeile: »Betrüger in der Euro-Familie« Untertitel: »Bringt uns GRIECHENLAND um unser Geld – und was ist mit Spanien, Portugal und Italien?« Die griechische Zeitung Eleftheros Typos schlug mit einem ähnlich geistreichen Nazi-Vergleich zurück und zeigte in einer Fotomontage die Siegesgöttin Viktoria auf der Berliner Siegessäule mit einem Hakenkreuz in der Hand. »Finanznazitum bedroht Europa«, lautete die Schlagzeile.
Über den Nazi-Vergleich zeigte sich in Deutschland bislang keine Welle der Empörung, viele Griechen fühlen sich hingegen weiterhin beleidigt. Die deutsche Botschaft in Athen blieb zwar bislang unversehrt, von verbrannten schwarz-rot-goldenen Flaggen wurde auch nicht berichtet. Ein griechischer Verbraucherverband rief aber am Freitag voriger Woche zu einem Boykott deutscher Waren auf. Vor einer Media-Markt-Filiale in Athen wurden Flugblätter verteilt, auf denen es unter anderem hieß, die Venus-Statue symbolisiere »die griechische Geschichte, Schönheit und Zivilisation« und stamme aus einer Zeit, in der die Deutschen noch »Bananen auf Bäumen gegessen haben«. Bananen hin oder her: Aus der griechischen Krise ist eine deutsch-griechische geworden. Es geht längst nicht mehr darum, ob die Griechen »den Euro kaputt machen«. Die deutsche Öffentlichkeit wird vermutlich bald mit brisanteren Fragen konfrontiert. Haben Griechen überhaupt Humor? Ist der Focus daran schuld, wenn die Griechen demnächst aufhören, deutsche Autos zu kaufen, und wenn griechische Antiautoritäre bei Demonstrationen gegen die Sparpläne der Regierung »Nie wieder Deutschland!« rufen?