Klirr!

Als Stephen Merritt sich an die Aufnahmen für seine Platte »Distortion« machte, hatte er einen Plan: Das achte Album seiner Band The Magnetic Fields sollte klingen wie »Psychocandy«, also wie jenes unter Indiefans längst legendäre Stück Musikgeschichte aus den Händen einer immer schlecht gelaunten Gruppe namens The Jesus And Mary Chain. Und so dröhnte und fiepte es auf diesem Album aus dem Jahr 2008 bald stärker als auf den Platten der englischen Referenzband. Ziel erreicht.
Nein, nicht ganz; die Geschichte hat noch einen zweiten Teil. Der heißt »Realism« und ist gewissermaßen das Gegenstück zu »Distortion«. Gewissermaßen, da die Alben, obwohl sie gegeneinander gehört werden sollen, nicht vergleichbar sind. »Realism« wildert in ganz anderen musikalischen Regionen. Geblieben sind der sonore Brumm-Bariton Merritts und seine erfreulich fantasievollen, wortspielreichen Texte. Der Rest ist Folk, der sich stellenweise ziemlich spröde gibt, ein wenig klirrt und scheppert und wenig bis nichts mit der sanften Lagerfeuer-Gitarren-Variante zu tun hat.
Banjo, Autoharp, Glöckchenklänge, kein Schlagzeug, sehr wenig Bass, dazu hippieske Frauengesänge und niedliche Männerchöre: Schließt man die Augen, meint man, die sieben Zwerge hinterm Mikro stehen zu sehen.
Da die beiden CDs in keinem formal-ästhetischen Zusammenhang stehen, bleibt die Spannung, die sich beim Hintereinander-weg-Hören ergeben soll, übrigens reine Behauptung.

The Magnetic Fields: Realism (Nonesuch/Warner)