Small Talk

Der Exorzist

Zoologen hatten mit Gott schon immer ihre Schwierigkeiten. Sie beschäftigen sich mit Geschöpfen, nicht mit dem Schöpfer. Sobald sie den in den Blick nehmen, gerät er selbst zum Geschöpf. Mit dem Begriff der Schöpfung dagegen wissen sie durchaus etwas anzufangen. Ist doch Zoologie in gewisser Weise die Wissenschaft von der Schöpfung ohne Schöpfer. Darum gelingt es besonders verdrehten Köpfen hin und wieder, Zoologie und Religion zu vereinbaren. In Münster beispielsweise gibt es seit 2009 ein pantheistisch angehauchtes Institut für Theologische Zoologie. Katholische Zoologie wird dort jedoch einstweilen nicht gelehrt. Dafür haben die Katholiken ein allzu unemphatisches Verhältnis zur Fauna. Stattdessen verehren sie Maria, betreiben rabiaten Räucherharzraubbau, verwechseln Wein mit Blut und Brot mit Fleisch und sind auch sonst evolutionsbiologisch nicht auf dem neuesten Stand. Mit der Figur des Papstes begeistern sie sich sogar für einen Cyborg, dessen Existenz jeder Zoologe im ersten Semester widerlegen kann. An der Unwissenschaftlichkeit der Eucharistie hat sich auch Richard Dawkins stets gestört. Dawkins ist nämlich Atheist, das heißt, er glaubt an gar nichts. Außer an das »egoistische Gen«, denn das hat er selbst erfunden. Atheisten verachten Menschen, die ihren Platz in der Ordnung der Empirie nicht kennen.
Der Papst ist in dieser Hinsicht besonders schlimm. Würde Dawkins sich plötzlich für Gottes Stellvertreter halten und ein lateinisches Pseudonym annehmen, man würde ihn in die Gummizelle sperren, in die er längst gehört. Ratzinger hingegen avancierte nicht nur zum Staatsoberhaupt, sondern scheint auch sonst keinerlei Anstalten gemacht zu haben, die Mitglieder seines Rackets an hybriden Grenzüberschreitungen zu hindern. Deshalb hat Dawkins nun das atheistische Konzil einberufen, dem sein Unglaubensbruder Christopher Hitchens und der Menschenrechtsanwalt Geoffrey Robertson angehören. Ihr Urteil fiel einhellig aus: Der Mann muss in Gewahrsam genommen werden, denn an ihm haftet »der Gestank des Bösen« (Hitchens), er ist nicht nur ein Verbrecher, sondern der Teufel in Person. Aber kann man jemanden festnehmen, der zoologisch gar nicht existiert? Was nützt die Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit, wenn der Geist sowieso macht, was er will? Und warum genügt es nicht, sich die Nase zuzuhalten, wenn man keinen Weihrauch mag?