Deutschkurs für Tony

Berlin Beatet Bestes. Folge 45. Tony Cavanaugh und die Liverpool Triumphs: Hummel Twist (1964).

Tony Cavanaugh, geboren 1939 in Indianapolis, gehörte zu den afroamerikanischen Rock’n’Rollern, die in den sechziger Jahren in Europa hängengeblieben waren. Jack Hammer und Harold Nicholas hatte es nach Paris verschlagen, Rocky Roberts nach Rom. Tony Cavanaugh stieß Ende der fünfziger Jahre, nachdem er seinen Militärdienst in Bayern beendet hatte, auf die blühende Rock’n’Roll­-Szene in St.Pauli. Zuerst trommelte er in der Band von Tony Sheridan im Top Ten, 1962 gründete er seine eigene Band namens The Bats (auch Stuart Sutcliffe, der erste Basssist der Beat­­les, spielte nach seinem Ausstieg eine kurze Zeit für The Bats). Zusammen mit Tony Sheridans Star-Combo trat Cavanaugh ab 1963 regelmäßig als Sänger im Star Club auf. Bis in die späten Siebziger spielte er in verschiedenen Formationen, u.a. in der Hard-Rock-Gruppe Asterix, bis er endgültig in die USA zurückkehrte und sich vom Musikbusiness verabschiedete. Mittellos und vergessen starb er 2005 in einem Pflegeheim in seiner Herkunftsstadt Indianapolis.
Seine einzige LP nahm er 1964 für das deutsche Somerset-Label auf. Eigentlich stelle ich auf meinem Blog keine LPs vor, bemerkenswerterweise ist dieses phantastische Beat-Album aber nie wiederveröffentlicht worden. Durchgehend stampfen sich Tony und die Triumphs hier durch verschiedene Rock’n’Roll-Standards. Seine Version von »Hully Gully« gehört zu den wildesten, die ich je gehört habe. Ein Titel der LP hat es in den vergangenen Jahren auf einige Compilations geschafft: der »Hummel Twist«. Das Stück wurde 2007 in die bei Trikont veröffentlichte Sampler-Reihe »Perlen deutschsprachiger Popmusik« und in »Tausend Nadelstiche« von Bear Family aufgenommen. Leider ist Tony Cavanaugh nur noch für diese, zugegebenermaßen sehr lustige Novelty-Nummer bekannt. Darin wird der Hamburger Gruß auf die Schippe genommen. »Hummel, Hummel – Mors, Mors« ist ein traditioneller Hamburger Ausspruch. Jemand spricht eine Person mit »Hummel, Hummel« an, die darauf »Mors, Mors« erwidert. Das Ganze geht der Legende nach auf die Frotzeleinen zwischen dem Wasserträger Johann Wilhelm Bentz (1787–1854) und einer Gruppe Hamburger Gören zurück.

Hummel, Hummel – Mors Mors, ich bin ein Ausländer / Don’t you know, ich sprech kein Deutsch / My mother told me, don’t you go / Hummel, Hummel, ich weiß nicht, was das heißt / Hummel, Hummel – Mors, Mors, yeah, yeah, Mahlzeit! / … / Hummel, Hummel, Hummel – Mors, Mors, mein Mädel hat zu mir gesagt: Wenn du kommst nach Deutschland, mein Kind, man sagt: Hummel, Hummel – Mors Mors, sagt jeder Hamburger / Ich bin ein Ausländer, ich möchte deutsch lernen, Hummel Hummel – Mors Mors, Jaaa! / … / Hummel, Hummel – Mors Mors, ich bin ein Ausländer / Hummel, Hummel – Mors Mors, ich weiß nicht, was das heißt / Hummel, Hummel, Hummel, Hummel, Hummel, Hummel / Hummel, Hummel – Mors Mors … Ich weiß nicht, was das heißt … Aaah! … Is’ egal! … Wie geht’s?

Als Hamburger gefällt mir der Titel natürlich besonders gut. Als Kind habe ich mit meinem Bruder auf Ausflügen oder Urlaubsfahrten immer hinten im Auto gesessen und nach Autos mit Hamburger Kenn­zeichen geschaut. Sobald ein Hamburger vorbeifuhr, schrien wir aus dem geöffneten Fenster: »Hummel, Hummel!« Wenn mal jemand »Mors, Mors« antwortete, jauchzten wir vor Freude.