Wärmer als kalt

Unverschnarchte Themenstellungen, ausgiebige Recherchen und Bilder auf der Höhe von MTV, mit diesem Rezept hat Ben Lewis sich als Fernsehdokumentarist einen Namen gemacht. In dem TV-Beitrag »In Love with Terror« erklärte er seinen Landsleuten, was die RAF war, nämlich »die deutsche Antwort auf die Rolling Stones«. Humor im Kommunismus ist eigentlich auch ein super Thema. Für seine Filmdoku bereiste er die ehemaligen Ostblockstaaten, interviewte Dissidenten, Zeitungsmacher, Historiker, sammelte Witze, Satiren und Karikaturen. Was Lewis über den berühmten dissidenten Humor in sozialistischen Ländern recherchiert hat, kann man in seinem quasi als Nebenprodukt entstandenen Buch »Das komische Manifest« nachlesen.
Auch wenn mit der ganz großen These eingestiegen wird, nämlich mit dem Ausspruch von George Orwell, dass jeder Witz eine kleine Revolution sei, lässt sich so richtig Systemzerfetzendes nicht entdecken. Ein Großteil der Witze funktioniert als biedere Herrschaftskritik nach dem Schema »Die da oben, wir da unten«. Einige Perlen sind aber dabei, wie dieser rumänische Witz mit surrealistischen Qualitäten: »Was ist kälter als kaltes Wasser? – Warmes Wasser.«
Alles ist locker aufgeschrieben, was stört, sind allerdings die vielen Anekdoten. Mit wem der Autor was trinken musste und mit wem er ins Bett ging bei seiner Recherche, muss man nicht wirklich wissen.

Ben Lewis: Das komische Manifest. Kommunismus und Satire von 1917–89. Aus dem Englischen von Anne Emmert. Blessing-Verlag, München 2010, 464 Seiten, 23,60 Euro