Nach dem Uran-Abkommen drohen dem Iran schärfere Sanktionen

Endlose Verhandlungen

Mit dem Abkommen zur Urananreicherung, das unter Vermittlung der Türkei und Brasiliens in Teheran unterzeichnet wurde, suchte der Iran vor allem internationale Anerkennung. Doch die sogenannte internationale Gemeinschaft reagierte mit Skepsis. Nun drohen dem Iran schärfere Sank­tionen.

Die Weltöffentlichkeit war nach der Ankündigung des Atom-Deals zwischen dem Iran, der Türkei und Brasilien nur kurz verblüfft. Die Frage, ob es sich dabei um einen Durchbruch im Atomstreit handeln könnte, stellte sich für das westliche Ausland nicht einmal. Zwei Tage nach der Unterzeichnung des Abkommens in Teheran verkündete die US-Regierung, sie habe sich mit den anderen ständigen Mitgliedern des Uno-Sicherheitsrats und Deutschland auf einen Resolutionsentwurf geeinigt, der härtere Strafen gegen den Iran vorsieht. Was war passiert?
Auf einer Pressekonferenz in Teheran, bei der das angebliche »Einlenken des Iran« verkündet wurde, feierten sich am 17. Mai die Beteiligten selbst. Richtig ausgelassen lachen konnte dabei allerdings nur einer, wie auf dem Pressefoto deutlich zu sehen ist. Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wirkt leicht irritiert. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyp Erdogan auf der anderen Seite sieht etwas frustriert aus. Zwischen den beiden steht der etwas kleinere iranische Präsident, Mahmoud Ahmedinejad. Er lacht breit und reißt die Arme seiner beiden Kollegen in die Luft. Er hat offenbar Grund zur Freude: Gerade hat er wieder einmal den Großen Satan besiegt, vielleicht hat er auch bloß erneut Sanktionen gegen das iranische Regime verhindert, glaubt er wenigstens. Jedenfalls steht er mal wieder endlich im Blitzlicht, und kein Demonstrant ist weit und breit zu sehen.

Nach jahrelangem Streit mit dem westlichen Ausland über das Atomprogramm soll also das iranische Regime nach nur drei Verhandlungs­tagen mit Brasilien und der Türkei einen friedfertigen Weg zur Durchsetzung seiner atomaren Ambitionen gefunden haben. Der Deal sieht vor, dass über eine Tonne niedrig angereicherten iranischen Urans zur Sicherheit in die Türkei und dort unter internationale Aufsicht gebracht werden soll. Im Gegenzug soll Teheran 120 Kilogramm höher angereichertes Uran für den Betrieb eines medizinischen Forschungsreaktors erhalten. Von einem generellen Verzicht auf die atombombentaugliche Urananreicherung seitens des Iran ist dabei nicht einmal die Rede. Das Abkommen basiert im Wesentlichen auf einem UN-Entwurf, dem der Iran, rein theoretisch jedenfalls, bereits im vergangenen Herbst zugestimmt hatte. Nur dass er damals alle vereinbarten Fristen verstreichen ließ. So still, wie das damalige mögliche Abkommen trotz aller Deadlines, Offerten und erweiterten Gesprächsangebote beerdigt wurde, so wortgewaltig soll seine Neufassung nun im westlichen Ausland ankommen. Ob das mit den nun aktuell gewordenen Sanktionsdrohungen zusammenhängt?
Die westliche Antwort auf das angebliche neue iranische »Angebot« war ungewöhnlich direkt. Zwei Tage nach der Jubelbotschaft aus Teheran verkündete die US-amerikanische Regierung, man habe nun endlich den Entwurf einer Resolution über verschärfte Sanktionen wegen des iranischen Atomprogramms unter Einbeziehung der Sicherheitsratsmitglieder China und Russland erreicht. Der Entwurf soll sich speziell gegen die iranischen Revolutionsgarden richten und ein Verbot von Investitionen in den Uranbergbau oder etwa Helikoptertechnologie vorsehen. Dass sich Russland und China mit einem solchen Entwurf einverstanden zeigten, ist eine große außenpolitische Niederlage für das Regime in Teheran. China und Russland mögen zwar aus pragmatischen Gründen »Schurkenstaaten« indirekt stützen, offenbar wollen sie sich aber nicht von überambitionierten Amateuren der Weltdiplomatie wie Brasilien oder der Türkei ihr Handeln diktieren lassen.

Gegen das »Einlenken« des Iran steht also plötzlich die Ankündigung verschärfter Sanktionen. Dass Hugo Chávez Ahmedinejad telefonisch ausrichten ließ, der Dreier-Gipfel mit Brasilien und der Türkei sei ein »schwerer Schlag« gegen den Imperialismus und das Hegemoniesystem, mag kaum verwundern. Ebenso wenig verwundern die Reaktionen mancher Befürworter des Appeasements, die noch einmal die Gelegenheit nutzen konnten, um für den Iran zu werben. Der Iran könne nun endlich Vertrauen gewinnen, verkündete zum Beispiel der wichtigste amerikanische Iran-Lobbyist in den USA, Trita Parsi, in der Zeitschrift Foreign Policy. Ähnlich argumentiert auch Roger Cohen in der New York Times, als ob der Iran nur Gewissheit über die Aufrichtigkeit des westlichen Auslands bräuchte, um ein verlässlicher Staat zu werden.

Dabei kann man sich fragen, ob der Iran den Bogen mittlerweile nicht einfach überspannt hat und ob die bisher offensichtlich hilflos agierende Adminstration von US-Präsident Barack Obama den ständigen Brüskierungen Teherans gegenüber nun Position beziehen muss. Es bleibt ihr wohl nicht mehr viel andres übrig.
Das iranische Regime steht jedenfalls der hilflosen westlichen Nicht-Antwort auf sein Atomprogramm bisher immer noch regelrecht zynisch gegenüber. Ein iranischer Parlamentarier beruhigte Kritiker der Vereinbarung mit dem Hinweis, es handele sich nur um eine »Erklärung«, nicht um einen Vertrag. Man habe ja gar nichts Verbindliches vereinbart.
Damit ist der Kreis geschlossen. Der reale Wert der türkisch-brasilianisch-iranischen Vereinbarungen tendiert gegen Null. Wenn man die Verlautbarung ernst nähme, käme es auf die Details an. Ungefähr so wie im vergangenen Jahr, als der Iran so tat, als wolle er über ein im Grunde schon beschlossenes Abkommen nur noch ein bißchen weiter verhandeln. Und weiter. Und weiter. Zumindest, so lange das Regime überhaupt noch weiter existiert. Oder bis es endlich seine Atombombe hat. Ob es dann noch etwas zu verhandeln geben wird, ist fraglich.