Über das Gender Pay Gap

Let’s talk about money

Für die gleiche Arbeit erhalten Frauen in Deutschland ein wesentlich geringeres Gehalt als Männer. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) legt den Eindruck nahe, dass Frauen das als völlig gerecht empfinden.

»Gleiches Geld für gleiche Arbeit«, diesen Grundsatz als Voraussetzung für die Geschlechtergerechtigkeit haben deutsche Unternehmen konsequent ignoriert. Frauen verdienen hierzulande bei gleicher Qualifikation 16 bis 20 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Herren in den Führungsetagen dürften die aktuelle Studie des DIW mit Begeisterung zur Kenntnis genommen haben. Danach sind die geschlechtlich differenzierten Lohnzahlungen kein Beleg für Diskriminierung, sie spiegeln einfach nur die Wünsche und Gerechtigkeitsvorstellungen der arbeitenden Bevölkerung wieder. Zumindest erwecken die Interpretationen der Studie diesen Eindruck.
»Das Einkommen, das Frauen für sich als gerecht ansehen, liegt sogar noch unter dem Einkommen, das die Männer real erzielen«, sagte Jürgen Schupp vom DIW im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Ein überraschendes Ergebnis, das auch noch von zwei Wissenschaftlern aus Bielefeld und Konstanz gestützt wird, die bei ihren Untersuchungen ebenfalls zu dem Ergebnis kamen, dass Frauen der Ansicht seien, ihnen stehe gerechterweise ein geringeres Bruttoeinkommen zu als Männern. In den Medien wurde das Resultat entsprechend hämisch kommentiert, wobei man sich auf zwei Lesarten beschränkte. Die weibliche Bescheidenheit wurde einerseits darauf zurückgeführt, dass in Deutschland ein ganz besonders harmonisches Geschlechterverhältnis herrsche, in dem die klassischen Rollenmuster weiterhin tadellos funktionierten. Frauen seien einfach dankbar, wenn sie den »männlichen Haupternährer« unterstützen dürften. Die andere Interpretation konzentrierte sich auf die angebliche weibliche Unfähigkeit, simpelste logische Zusammenhänge zu begreifen. Hierzulande seien die Frauen sogar zu dumm, die einfache Formel »gleiche Arbeit = gleicher Lohn« zu begreifen, und Dummheit wird bestraft.
Verschwiegen wird dabei, dass die überwiegende Mehrheit der Studienteilnehmer die grundsätzliche Überzeugung äußerte, dass das Geschlecht keinesfalls das Lohnniveau bestimmen dürfe. Das Problem ist nur: über Geld spricht man nicht. Auch die an der Studie beteiligten Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass das Ergebnis vermutlich ganz anders ausgesehen hätte, wenn mehr Transparenz bei den Gehaltszahlungen herrschen würde. Ihnen war aufgefallen, dass Frauen, die mit einem Partner zusammenleben, wesentlich höhere Gehaltsvorstellungen äußerten als alleinlebende Arbeitnehmerinnen.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der DIW-Studie gingen davon aus, dass sie über ihre Arbeitszufriedenheit befragt werden. Deutschland hat einen stark geschlechtlich segmentierten Arbeitsmarkt. Die sogenannten Frauenberufe sind schlecht bezahlte Arbeitsplätze. Vielleicht haben die befragten Frauen bei der Antwort auf die Frage nach ihren Gehaltsvorstellungen ihre Kolleginnen als Referenzgröße genommen. Die Frage, warum ausgerechnet eine Studie zum Gender Pay Gap ausschließlich unter der Federführung männlicher Wissenschaftler erstellt wird, wurde übrigens von keinem der Kommentatoren gestellt.