Über die antiislamische Stimmung in den USA

Bush wusste es besser

Die öffentliche Koranverbrennung wurde abgesagt, doch breitet sich in den USA eine von rechten Republikanern geschürte antiislamische Stimmung aus.

Terry Jones hielt mit seinen Ankündigungen, Absagen und Rücknahmen der Absagen bis zum Schluss die Spannung aufrecht. Am Ende aber verzichtete der evangelikale Pastor aus Florida auf die öffentliche Koranverbrennung am Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001. Dennoch war das Gedenkwochenende mehr denn je von einer antiislamischen Stimmung geprägt, die rechte Politiker und Publizisten verbreiteten.
Am Vorabend des 11. September veröffentlichte der republikanische Publizist Newt Gingrich einen Film, in dem er die christliche Prophezeiung des »Endkampfes« auf den radikalen Islam bezieht, der angeblich die USA schleichend übernehme. Am Tag danach, auf der jüngsten Demonstration gegen das geplante islamische Gemeindezentrum im südlichen Manhattan, durfte der aus den Niederlanden eingeflogene Rechtspopulist Geert Wilders die Gründung eines »New Mecca« auf der Asche von Ground Zero heraufbeschwören. Immerhin war Thilo Sarrazin zu Hause geblieben.

Anders als im gegenwärtigen Diskurs der »Islamkritik« in Deutschland, der vor allem die fehlende Integrationsfähigkeit einer ressentimentsgeladenen, autochthonen Kleinbürgerschicht offenbart, aber keine konkreten politischen Ziele bezeichnet, wissen die Rechten in den USA, was sie wollen. Bei den Wahlen im November sollen die Republikaner die Mehrheit im Kongress zurückgewinnen. Dass Fox News, der rechte Fernsehsender Rupert Murdochs, sowie führende Republikaner wie Gingrich und Sarah Palin den Wahlkampf mit antiislamischen Aussagen bestreiten, ist die neueste Version einer seit Jahrzehnten erfolgreichen Wahlkampfsstrategie. Zu Beginn des Jahrtausends offenbarten rechte Republikaner in der Ablehnung der Ehe gleichgeschlechtlicher Paare eine kaum verhüllte Schwulenfeindschaft. Noch in den neunziger Jahren waren rassistische Ressentiments geschürt worden. Immer wieder wurden eingewanderte Latinos ohne Papiere zu einer Bedrohung erklärt.
Insbesondere in den ländlichen Regionen scheint diese Strategie erfolgreich zu sein. Jüngsten Umfragen zufolge hat knapp die Hälfte der US-Amerikaner eine negative Meinung vom Islam als Religion. Zu keinem anderen Zeitpunkt seit dem 11. September 2001 war die Ablehnung so verbreitet wie heute, etwas mehr als zehn Wochen nachdem die US-Rechte angefangen hat, den Islam zum politischen Thema zu machen.

Dass der Islam zum Gegenstand des Wahlkampf erkoren wurde, war nur möglich, weil sich die Machtverhältnisse bei den Republikanern geändert haben. George W. Bush und die Neocons hatten nach 2001 diskursiv dem Islam als einer »Religion des Friedens« dessen Missbrauch durch eine jihadistische Minderheit gegenübergestellt. Nach ihrem Niedergang haben nun offenbar die rechtspatriotischen und christlich-fundamentalistischen Republikaner das Sagen in der Partei. Statt die eigene Basis ideologisch zu mäßigen, heizen derzeit die republikanischen Meinungsführer die Stimmung an.
Präsident Barack Obama hatte sich bislang nicht zu einer eindeutigen Stellungnahme zum republikanischen Reizthema der »Ground Zero Mosque« durchringen können. Da bereits knapp ein Fünftel der Amerikaner glauben, er sei ein heimlicher Muslim, wollte er offenbar Äußerungen vermeiden, die als »proislamisch« gewertet werden könnten.
Nun aber scheint er seine Zurückhaltung überwunden zu haben. Unmissverständlich ließ er seine Regierung gegen die geplante Koranverbrennung Stellung beziehen. Auf einer Pressekonferenz am Freitag vergangener Woche bediente er sich der durchaus erfolgreichen Strategie seines Vorgängers Bush und sagte, dass die Freiheit der Religion den Bau des islamischen Gemeindezentrums in Manhattan einschließe und die USA sich »nicht im Krieg gegen den Islam« befänden. Doch erst in den kommenden Wochen des Wahlkampfs wird sich zeigen, ob Obama seine Haltung so prinzipienfest vertritt, wie Bush es tat.