Kann alles außer Wetter

So ganz schlecht waren sie nicht, die Zeiten, in denen im Fernsehen jeder nur über das Thema sprach, von dem er wenigstens ansatzweise etwas verstand. Sportreporter taten im Großen und Ganzen nichts anderes, als Fußballer oder Leichtathleten zu interviewen, und sahen sich keineswegs als extrem lustige Comedy-Stars. Moderatoren von Unterhaltungsshows blieben hübsch brav das, was sie waren, und strebten nicht danach, nun plötzlich in der Weiterbildung aktiv zu werden oder auch nur mehr als einen ernsthaften Satz zu äußern. Und Politiker beschränkten sich darauf, Reden zu halten und hin und wieder in Nachrichtensendungen oder ernsthaften Magazinen Fragen zu beantworten, und blieben ansonsten abends hübsch zu Hause oder gingen auf Staatsbesuch oder in Kneipen – keinesfalls aber setzten sie sich in irgendwelche Talkshows, um das Wahlvolk außerhalb der ihnen zugedachten Sendezeit noch weiter zu belästigen.
Irgendwie ist das alles mittlerweile allerdings ganz fürchterlich durcheinandergeraten, und nun, wo jeder sowieso macht, was er will, wird sich die ARD gedacht haben, sei halt alles egal, und deswegen könne man auch grad Günther Jauch als Polit-Talker verpflichten. Was natürlich sinnig ist, schließlich war der Mann im Fernsehen sonst schon im Grunde genommen alles, außer Wetteransager, und außerdem kann man ja praktisch nie genug Shows haben, in denen Politiker herumsitzen und ­Sachen sagen, denn es passiert ja dauernd irgendwas, kennt man ja. Und natürlich ist es ja auch wirklich toll, wenn die Leute, die gewohnheitsmäßig bei Maischberger, Kerner, Plasberg, Beckmann und Lanz auftreten, nun auch gleich in derselben Woche noch von Jauch zweifellos superinvestigativ und total kritisch befragt werden.