Die beliebteste Anti-Quotenfrau

Spätestens seit dem Wochenende dürften sie sämtliche Mitglieder der CSU auf der Straße erkennen. »Wer will schon Quotenfrau sein?« Mit dieser Frage hat es Katrin Poleschner geschafft, den zeitlichen Ablauf auf dem Parteitag der CSU zu sprengen. Wochenlang hatte die stellvertretende Landesvorsitzende der Jungen Union in Bayern den Protest gegen die Einführung einer Frauenquote in der CSU angeführt. Die Versuche von älteren Parteifreundinnen, wie Ilse Aigner oder Christine Haderthauer, die 26jährige noch umzustimmen, scheiterten. Poleschner, die sich selbst als heimatverbunden, familien­orientiert und traditionsbewusst bezeichnet, blieb stur. Auf dem Parteitag hielt die Nachwuchspolitikerin eine Rede, in der sie trotzig klarstellte: »Ich habe die Nase voll davon, dass wir dauernd faule Kompromisse machen.« Diese Worte stießen vor allem bei den Herren der Partei auf Zustimmung. Mit Murren hatten sie auf dem Parteitag unbeliebten Maßnahmen wie der Erhöhung der monatlichen Mitgliedsbeiträge zugestimmt, nur um das Schlimmste zu verhindern.
In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fragte Eckart Lohse belustigt, ob die selbsternannten Gralshüter des Konservativen in Bayern jetzt verrückt geworden seien. Das fragten sich wohl auch die Teilnehmer des Parteitags und verweigerten ihrem Vorsitzenden Horst Seehofer, der die Abstimmung auf die Tagesordnung gesetzt hatte, erst einmal die Gefolgschaft. Die Debatte um die Einführung der Frauenquote dauerte sensationelle fünf Stunden und drei Minuten. Für die Verabschiedung von der Wehrpflicht benötigten die Christsozialen auf ihrem Parteitag gerade mal eine knappe halbe Stunde. Mit ihren markigen Worten gegen die Quote hatte Poleschner dennoch keinen Erfolg, obwohl sie sicher ganz im Sinne des Übervaters Franz Josef Strauß waren. Der CSU fehlt es nämlich nicht nur an weiblichen Parteimitgliedern und Funktionärinnen, sondern vor allem an Wählerinnen. Und wenn es um den Machterhalt geht, wird auch der Konservativste kompromissbereit. Die CSU hat jetzt eine Frauenquote, und die Junge Union hat mit Poleschner eine Politikerin, die sich vor Beliebtheit kaum retten kann. Sämtliche Schwergewichte der männlichen Parteiprominenz fanden Dankesworte für die tapfere Kämpferin.