Der Speisevorratsdatenspeicher

Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Inneres, tritt zwar für Internetsperren gegen Kinderpornografie ein, wenn es um Datensammlung geht, ist sie aber umso liberaler. Nachdem ihr Engagement für Netzzensur ihr analog zu »Zensursula« von der Leyen bereits den Spitznamen »Censilia« eingbrachte, hat sie nun ein neues Projekt: ein EU-System zur Speicherung von Fluggastdaten namens Passenger Name Records (PNR). Als Expertin für Menschenrechte, Einwanderungspolitik und Terrorismus will sie damit »gegen schwere Kriminalität wie Drogenschmuggel und Menschenhandel sowie Terrorismus« vorgehen. Das wird sie mit »PNR« zweifelsfrei erreichen. Immerhin soll das System speichern, wer welches Bordessen bestellt, wer mit welcher Kreditkarte bezahlt und wer es gewagt hat, ein verdächtiges One-Way-Ticket zu buchen. Um den Bürgern Sicherheit zu garantieren, verspricht sie zudem, alle Daten »deanonymisierbar« zu halten, damit auch fünf Jahre später noch nachvollziehbar ist, wer an Bord des Fluges UA 93 Tomatensaft getrunken hat.
Mit PNR beschert die schwedische Politikerin der EU, was diese den USA 2001 nur widerwillig zugestanden hatte. Damals hatte die EU noch protestiert, als die US-Regierung forderte, dass ihre Sicherheitsbehörden auf die Datensätze von Fluggesellschaften zugreifen dürfen, und auf europäische Datenschutzrichtlinien verwiesen – wenn ihr auch am Ende die diplomatischen Beziehungen zu den USA wichtiger waren. Dass ihre Kollegen vor einigen Jahren den Begierden der Fahnder noch Begriffe wie »Bürgerrechte« entgegenhielten, hielt Malmström nicht davon ab, gleich zu Beginn ihrer Regierungszeit 2010 Verhandlungen für ein europaweites Modell der Fluggastdatenspeicherung zu starten. So will sie »sichergehen, dass diese Daten innerhalb der gesamten EU richtig behandelt werden und gleichzeitig den Datenschutz und den Schutz der persönlichen Integrität der Bürger stärken«. Wenn sämtliche Passagierdetails von allen Flügen aus und in die EU, in die USA, nach Australien oder Kanada bei einer »eigens dafür zuständigen Stelle im Ankunfts- oder Abflugmitgliedstaat« gespeichert werden, wie es im Text der Kommission heißt, können wir also beruhigt sein. Auch wenn nur Frau Malmström weiß, wer genau in diesen Behörden sitzt. Offenbar ist sie die einzige, die noch Geheimnisse haben darf.