Über die Verschwörungstheorien zu bin Ladens Tod

Bin Laden lebt und ist mit Bush verwandt

Die wirrsten Verschwörungstheorien zum Tod des al-Qaida-Chefs.

Ussama bin Laden ist gar nicht tot, sondern lebt schon lange in einer von der CIA bewachten Villa. Ussama bin Laden ist bereits vor zehn Jahren an den Folgen eines diabetesinduzierten Nierenversagens gestorben. Ussama bin Laden lebt und ist mit George W. Bush verwandt. Ussama bin Laden lebt in Israel, weil er in Wirklichkeit Goldberg heißt und Jude ist. Ussama bin Laden hat nie gelebt, sondern ist nur die Erfindung westlicher Geheimdienste gewesen. Ussama bin Laden war immer nur ein harmloser Geschäftsmann. Ussama bin Laden ist nicht tot, es wurde nur einer seiner vielen Doppelgänger erschossen.
Diese kleine Auswahl der seit vergangenem Montag kursierenden Verschwörungstheorien über den von US-Truppen in Pakistan erschossenen al-Qaida-Gründer zeigt: Selbst die abstrusesten Behauptungen werden verbreitet – und nicht selten glauben Leute alle auf einmal.
Nachdem Präsident Barack Obama am 2. Mai vor die Kameras getreten war, um den Tod des Terroristen bekannt zu geben, dauerte es keine halbe Stunde, bis in den Foren die ersten Verschwörungstheorien kursierten.
Ein unbedingtes Highlight war ein Foto, das angeblich den toten Ussama zeigte und das vor allem im deutschsprachigen Raum ein paar Stunden lang als Beleg für amerikanische Unverschämtheit galt. Denn der US-Präsident habe auf seiner Pressekonferenz das Bild geradezu triumphierend präsentiert. Dabei sei die Abbildung nichts weiter als eine plumpe Fälschung, so dass die ganze Geschichte um die Erstürmung des Anwesens in Pakistan und den Tod von bin Laden eine einzige Lüge sei.
Die Story vom gefälschten Bild machte im Internet rasch die Runde, auch wenn Frühaufsteher, die Obamas Auftritt live verfolgt hatten, darauf bestanden, dass es gar nicht gezeigt worden sei. Und selbst als unwiderruflich feststand, dass es sich in der Tat bloß um eine – bereits mehrere Jahre alte – Fotomontage handelte, die von irgendwem wieder hervorgekramt worden war, hatte sich bei vielen der Eindruck verfestigt, dass irgendetwas faul gewesen sei.
Denn praktisch im Minutentakt waren weitere Indizien für die amerikanische Niedertracht gefunden worden: die rasche Bestattung bin Ladens etwa (die Erklärung, dass Muslime möglichst noch am Tag ihres Todes beigesetzt werden müssen, wurde von ganz besonders aparten Verschwörungstheoretikern mit der Bemerkung beiseite gewischt, Ussama sei gar kein Muslim gewesen). Oder die Bilder feiernder Amerikaner, über die sich interessanterweise ausgerechnet diejenigen besonders aufregten, die am 11. September 2001 den palästinensischen Jubel über die Toten im World Trade Center mit keiner Silbe kommentiert hatten. Ganz wagemutige Verschwörungsliebhaber hatten außerdem Berechnungen des Datums von Ussamas Tod angestellt (sehr kompliziertes Zeug mit Quersummenbildung, wildem Subtrahieren und spekulativem Addieren), aus denen ganz klar hervorging, dass der Mann, wie oben geschildert, gar nicht tot ist beziehungsweise nie gelebt hat. Und außerdem erschien es natürlich einigen höchst verdächtig, dass der al-Quaida-Gründer exakt 66 Jahre und zwei Tage nach Adolf Hitlers Tod sterben musste.
Wer sich darüber wundert, wie gut selbst abstruseste Verschwörungstheorien wirken, ist anscheinend nie 14 gewesen und hat nie »Heimlich verliebt« gespielt.
Das geht so: Man schlendert mit zwei, drei Freundinnen angeödet durch die örtliche Fußgängerzone oder sitzt gemeinsam sehr gelangweilt im Bio-Unterricht. Und guckt sich zum Zeitvertreib irgendeine Person aus, von der man beschließt, dass sie heimlich in einen verliebt ist. Klar, was daraufhin passiert, oder? Genau: Jeder Blick, jede Geste, jede Bewegung, jede Äußerung passt plötzlich haargenau zur Verliebtheits-Theorie. Reagiert die Person beispielsweise nicht auf das fortgesetzte Gekicher, dann ist ganz klar, dass sie furchtbar schüchtern ist, regt sie sich auf, kann das nur der verzweifelte Versuch sein, auf sich aufmerksam zu machen, geht sie einfach weiter, hält sie es eben nicht aus, der geliebten Person so nahe zu sein. So ähnlich funktionieren Verschwörungstheorien auch: Jede Nachricht, jedes Bild, jede Äußerung passt mit etwas gutem Willen und kreativen Erklärungen zur Weltsicht, und es gibt praktisch nichts, was beispielsweise Obama und die USA im Fall Ussama hätten tun können, das nicht automatisch als Beleg für eine große Konspiration gegolten hätte. Wäre bin Laden beispielsweise nicht erschossen, sondern gefangengenommen worden, hätte dies einen prima Beweis dafür abgegeben, dass er in Wirklichkeit ein CIA-Agent war, schließlich bringt man die eigenen Leute nicht um. Oder für die Niedertracht der USA, die den Mann lieber triumphierend der Weltöffentlichkeit vorführen wollen.
Und falls die USA angesichts der vielen verbreiteten Verschwörungstheorien nun doch noch auf die Idee kommen, einen Fotobeweis für den Tod bin Ladens zu veröffentlichen, würde dies in den Augen der Amerika-Hasser selbstverständlich nur ein weiterer Mosaikstein für ihre Welterklärung sein, denn das Bild wäre selbstverständlich gefälscht (und die Veröffentlichung zog sich hin, weil die Photoshop-Experten der Geheimdienste ein wenig Zeit brauchten) oder würde nicht Ussama zeigen, weil es den ja bekanntlich nie gab.
Dabei war in Wirklichkeit alles ganz anders: Ussama war nämlich eigentlich Elvis. Der King hatte nämlich damals, im Jahr 1977, einfach nur noch alles satt. Die Konzerte in Vegas, die immergleichen Songs, die Begeisterung seiner Fans, die weißen Glitzer-Anzüge, den Graceland-Rummel. Und ja, natürlich auch, von diversen Medikamenten abhängig zu sein.
Elvis entschied sich nach längeren Überlegungen zu einer radikalen Lösung seiner Probleme: Gemeinsam mit seinen Angestellten entwickelte er einen Plan, wie er a) wieder fit werden würde, b) nie wieder »Love me tender« singen bräuchte und c) seine Ruhe haben könnte:
Nach seinem angeblichen Tod verschwand Elvis zunächst zu einer kombinierten Entziehungs-/Diät-Kur in ein Sanatorium, wo er außerdem sein Äußeres verändern ließ. Mit Hilfe des Mossad und der CIA und praktisch jedem einzelnen Geheimdienst dieser Welt (außer vielleicht dem ost- und dem westdeutschen, die viel zu viel Arbeit mit der gegenseitigen Überwachung hatten, als dass sie sich nun auch noch um den King kümmern konnten) gelangte er unerkannt nach Saudi-Arabien, wo er sich eine große Familie kaufte. Von dort aus ging er nach Pakistan, der Rest ist bekannt. Dass die Elvis-Ussama-Geschichte einige Lücken aufweist, ist übrigens ein schlagender Beweis dafür, dass sie stimmt. Denn die CIA, der Mossad und die ganzen anderen involvierten Geheimdienste sind natürlich nicht blöd und haben dafür gesorgt, dass die King-Verschwörung nicht so ohne weiteres auffliegt. Eingeweihte fallen auf ihre Erklärungen natürlich nicht herein, sondern wissen, dass man aus den in seinen Songtiteln enthaltenen Buchstaben mit Leichtigkeit den Satz bilden kann: »I’m not dead, I’m Ussama bin Laden.« Ha!