»Schlüsseldienst mit der ­Abrissbirne«

Am Wochenende meldete der Chaos Computer Club (CCC), ihm sei eine »staatliche Spionagesoftware« zugespielt worden, mit der Ermittler die Telekommunikation im Internet überwachten. Die Software erlaubt auch den illegalen ferngesteuerten Zugriff auf Kamera, Mikrophon und Bildschirminhalt von Rechnern. Dirk Engling, Sprecher des CCC, gibt Auskunft.
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Haben Sie Informationen darüber, in welchem Ausmaß die Software eingesetzt wurde?
Darüber würden wir viel lieber von den staatlichen Organen Bescheid bekommen. Im Fall, der uns zugespielt wurde, geht es um eine Online-Apotheke, der hinterherspioniert wurde. Wenn wir es mit Wahrscheinlichkeiten halten, sind die aufgetauchten Fälle nur die Spitze des Eisbergs. Es ist jetzt die Aufgabe der Kriminalämter und Zollämter, Zahlen zu nennen.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat den CCC falscher Behauptungen bezichtigt, der stellvertretende Unions-Bundestagsfraktionsvorsitzende Günter Krings wirft Ihnen vor, die Behörden »unter Generalverdacht« zu stellen.
Wir haben lediglich gesagt, wir hätten staatliche Überwachungssoftware, also einen Staatstrojaner, gefunden, auf einer Festplatte, die uns zugespielt wurde. Wir haben einen Report geschrieben, in dem jeder nachlesen kann, dass unsere Erkenntnisse stichhaltig sind. Und das Bundesinnenministerium hat bereits am Samstag zugegeben, dass es Software zur sogenannten Quellentelekommunikationsüberwachung einsetzt.
Der CCC hat festgestellt, dass die Software sehr stümperhaft programmiert wurde. Sind die Behörden zu inkompetent für die Überwachung und macht das die Sache noch gefährlicher?
Die Kriminalämter haben sich von einer Software-Klitsche über den Tisch ziehen lassen, die ein gerade so den Ausschreibungen entsprechendes Stück Software zurechtgestückelt hat, das keiner seriösen Überprüfung standhält. Wie man bei der Zugangsbeschaffung zu Wohnräumen auf den Schlüsseldienst angewiesen ist, müssen sich die Behörden beim Ausspähen von Computern auf die Expertise anderer verlassen. Wenn ein Schlüsseldienst mit der Abrissbirne käme, um die Front des Hauses einzureißen, würde den Ermittlern aber sicher auffallen, dass das nicht verhältnismäßig ist. Das wäre die Analogie zu dem, was sich die Firma Digi-Task geleistet hat. Eine rechtliche Einschätzung der Software hätten die Behörden aber erbringen müssen.