Zu kosmopolitisch

Vorgestern noch der Oligarch, der von den Perestroika-Privatisierungen derart profitierte, dass er als fünftreichster Mann Russlands zählt; gestern dann schon der Wohltäter, der in seinem georgischen Heimatdorf Chorwila alle Häuser sanieren ließ, Dorfbewohnern Hochzeiten und Beerdingungen finanzierte, viel Geld in die Renovierung der alten Theater steckte und nebenher die Region noch um ein Dutzend Schulen und ein Kino bereicherte; heute inzwischen parteiloser Politiker und übermorgen vielleicht der Präsident von Georgien? Letzteres fehlt zumindest noch auf der Erfolgsliste von Bidzina Iwanischwili.
Bereits sein Vorhaben, eine Partei zu gründen, um im nächsten Jahr an den georgischen Parlamentswahlen teilnehmen zu können, scheitert an einer speziellen Hürde: der Staatsbürgerschaft. Er besitzt zwar eine russische und eine französische Staatsbürgerschaft, damit darf er in Georgien aber keine Partei gründen. Und die nötige dritte, georgische, bekommt er erst recht nicht, da es in Georgien verboten ist, Staatsangehöriger von mehr als zwei Staaten zu sein. 2004 galt Iwanischwili schon einmal als georgischer Staatsbürger, doch als er die ersten politischen Regungen zeigte, nutzte der derzeitige Präsident Georgiens, Mikhail Saakaschwili, die Möglichkeit, seinen Rivalen aus der georgischen Politik auszuschließen, indem er ihm 2005 die Staatbürgerschaft wieder entzog. So gestaltet sich der Wahlkampf Iwanischwilis etwas ungewöhnlich. Statt einer Partei gründete er am Freitag vergangener Woche die Bürgerbewegung »Georgischer Traum«. Diese soll nun mit Hilfe der »internationalen Gemeinschaft« genügend Druck aufbauen, um die Aberkennung seiner georgischen Staatsbürgerschaft wieder rückgängig zu machen. Wenn dieser Traum wahr wird, strebt Iwanischwili eine Vereinigung der Oppositionsparteien an, um bei den Parlamentswahlen im Januar 2012 die absolute Mehrheit zu erreichen. Dann hätte Iwanischwili sein Ziel, einen ernsthaften Wandel in der georgischen Politik herbeizuführen, mit dem die EU und die USA zufrieden sind und der auch von Russland akzeptiert werden kann, schon beinahe erreicht.
Die ersten Grundlagen für eine politische Karriere sind zumindest vorhanden: Von seinem geschätzten Vermögen über knapp vier Milliarden Euro lassen sich potentielle Wähler bestimmt ebenso beeindrucken wie von seinem Versprechen, Georgien zu demokratisieren.