Einer von uns

Die traditionelle Silvio-Meier-Demonstration am Samstag in Berlin stand eindeutig im Zeichen der aktuellen Ereignisse rund um die Terrorzelle »Nationalsozialistischer Untergrund«. Der erste Block des Demonstrationszugs zeigte Bilder der von den Neonazis Ermordeten, auf einem Transparent forderte die Antifaschistische Linken Berlin (ALB): »Nazi-Spitzel raus aus den Geheimdiensten: Verfassungsschutzverbot jetzt!« Vor der Veranstaltung hatte die ALB werbewirksam gewarnt, es sei ein Angriff von mit Hochleistungslasern ausgerüsteten Neonazis auf die Demonstranten zu befürchten. Davon war jedoch nichts zu sehen. Auch rund um den Nazitreffpunkt in der Lückstraße in Lichtenberg blieb es ruhig. Ein vereinzelter Thor-Steinar-Träger, der zusammen mit seinem Hund die Demonstration beäugte, erlitt allerdings eine heftig blutende Platzwunde am Kopf. Bis zu 3 000 Menschen zogen am Samstagabend durch die Bezirke Friedrichshain und Lichtenberg, um an den vor 19 Jahren von Neonazis ermordeten Hausbesetzer Silvio Meier zu erinnern und gegen Nazi-Gewalt zu demonstrieren. Etwa die Hälfte der Demonstranten wirkten durchaus motiviert und – wie es im Szenejargon so schön heißt – kraftvoll. Die andere Hälfte war wohl eher dabei, um das mitgebrachte Sterni ausnahmsweise einmal im Gehen zu trinken und das Feuerwerk zu bestaunen, das an verschiedenen Orten entlang der Demoroute auf Hausdächern und anderswo gezündet wurde. Ob das dem Anlass angemessen war, sei dahingestellt. Die Silvio-Meier-Demo ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil des jährlichen Rahmenspielplans der Berliner radikalen Linken. Eine Frage, die man sich allerdings stellen muss, ist, warum in dieser Größenordnung nur an Silvio Meier erinnert wird und nicht an die elf anderen Berliner Todesopfer rechter Gewalt seit dem Mauerfall, die in der Statistik der Amadeu-Antonio-Stiftung genannt werden. Kommt es daher, dass er als einziger »einer von uns« war? Das wäre mehr als traurig.