Die Debatte über ein Verbot der NPD

Drum prüfe, ob sich noch was Besseres findet

Ein Verbot der NPD sei wünschenswert, stellte die Innenministerkonferenz fest. Vor allem die Unionspolitiker möchten sich damit aber nicht beeilen.

Der neue Versuch, die NPD zu verbieten, hat etwas von einer Übersprungshandlung: Die Terrorserie des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) belegt derart schlagend das Versagen des Staates im Kampf gegen Neonazis, dass die Politik nun Erfolge vorweisen muss. Und weil niemand zu wissen scheint, was man gegen die klandestinen Strukturen der Kameradschaften beziehungsweise des »Thüringer Heimatschutzes« ausrichten kann, trifft es eben die legale und deshalb juristisch angreifbare Organisation der Naziszene, die NPD.
Dass langjährige Befürworter eines NPD-Verbots den NSU-Skandal nutzen, um ihre Position zu bekräftigen, versteht sich von selbst. Erklärungsbedürftig scheint dagegen das Einlenken der bisherigen Verbotsgegner aus den Reihen der Union. Denn es gibt ja keine substantiell neuen Erkenntnisse über die NPD. Zwar waren wohl Mitglieder und sogar Funktionäre mit dem NSU verbandelt, doch der Partei als solcher eine Zusammenarbeit mit der Terrortruppe nachzuweisen, dürfte schwierig werden. Trotzdem ist die Verweigerung gegenüber einem neuen Verbotsversuch unhaltbar geworden. Einerseits, weil ein Verbotsverfahren wie kein anderes Instrument dazu geeignet ist, der Öffentlichkeit »hartes Durchgreifen gegen Rechts« zu demonstrieren. Vor allem aber, weil den Verbotsgegnern ihr Hauptargument abhandengekommen ist: dass man die NPD nicht verbieten könne, weil man dazu die V-Leute aus der Partei abziehen müsste.
Seit den Enthüllungen über den NSU werden die V-Leute auch in den Medien als das wahrgenommen, was sie sind: keine Vorkämpfer der Demokratie, die sich zum Zwecke der Aufklärung in der Naziszene bewegen, sondern Neonazis, die bestenfalls ein doppeltes Spiel spielen, oft genug aber auch ihre Kontakte zu Polizei und Geheimdiensten nutzen, um an Geld zu gelangen und falsche Informationen zu streuen. Dass allein in der NPD an die 130 V-Leute tätig sind, gilt plötzlich nicht mehr als Notwendigkeit, um die Partei im Auge zu behalten, sondern als dubiose Kumpanei des Staates mit seinen Feinden.
Allerdings haben sich die Unionspolitiker auf der Innenministerkonferenz vergangene Woche eine Hintertür offengehalten: Sie sagen nicht mehr Nein zu einem Verbotsverfahren, aber sie wollen gründlich prüfen, bevor sie handeln. Das könnte sich als Versuch erweisen, die Empörung auszusitzen und am Ende doch eine andere Lösung zu beschließen. So bevorzugt der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bekanntlich einen Ausschluss der NPD aus der Parteien­finanzierung. Mit dieser Maßnahme will er, ohne es zuzugeben, zwei Ziele zugleich erreichen: der NPD die Finanzierung streichen und der Exekutive die Möglichkeit geben, politische Gegner finanziell kaltzustellen, ohne den unsicheren Weg eines Parteiverbots beschreiten zu müssen. Wer Schünemann kennt, weiß, dass er zwar nur von der NPD redet, ebenso aber die Linkspartei meint. Und das wäre die schlechteste Lehre, die man aus dem NSU-Debakel ziehen könnte: Nazis und V-Leute könnten weitermachen, aber der Extremismusvorwurf würde zu einem Werkzeug der poli­tischen Erpressung gegen links.