Die Drohungen des iranischen Regimes

Die Manöver der Mullahs

Unfähig, die innenpolitische Krise zu bewältigen, und bedrängt durch verschärfte Sanktionen könnte das iranische Regime eine militärische Konfrontation provozieren.

Das iranische Regime ist unberechenbar, doch der Ölmarkt ist es nicht. Pünktlich zur Öffnung der Märkte nach den Weihnachtsfeiertagen drohte der iranische Vizepräsident Mohammed Reza Rahimi den westlichen Regierungen: »Wenn sie Sanktionen gegen iranisches Öl verhängen, wird kein Tropfen Öl mehr durch die Straße von Hormuz gelassen.« Prompt stieg der Ölpreis um zwei Dollar, das ergibt pro Tag einen Extraprofit von fünf Millionen Dollar für die islamistischen Machthaber.
Das aber war wohl nicht das Motiv für Rahimis Drohung und die Manöver der iranischen Marine, die zur Jahreswende stattfanden. Da US-Präsident Barack Obama angekündigt hat, bei der Anwendung der neuen Sanktionen Rücksicht auf den Ölpreis und die Lage der Weltwirtschaft zu nehmen, ist noch unklar, wie schwer die Einschränkung finanzieller Transaktionen den Iran treffen wird. Doch die Machthaber müssen mit einer ernsthaften Beeinträchtigung ihrer Geschäfte rechnen, und dies in einem Moment, da die »Islamische Republik« schlechter dasteht als jemals zuvor in ihrer Geschichte.
Die Fraktionen des politisch-religiösen Establishments bekämpfen einander erbitterter denn je, und die relative Ruhe auf den Straßen wird nicht ewig anhalten. Dass die Subventionen für Güter des Grundbedarfs gekürzt werden, dürfte den Unmut steigern, und seine politische Legitimation im Inland hat das Regime spätestens durch die Proteste gegen die Wahlmanipulation im Sommer 2009 verloren. Aber auch die ambitionierte Außenpolitik ist gescheitert. Unter Präsident Mahmoud Ahmadinejad erneuerte das Regime seinen Führungsanspruch in der islamischen Welt, doch die wichtigsten Verbündeten, Syrien und die Hizbollah, sind geschwächt, und die sunnitischen Islamisten ziehen die für eine Regierungsbeteiligung notwendigen Kompromisse der Gefolgschaft zum Iran vor.
Das alles ist erfreulich, könnte aber auch unkalkulierbare Reaktionen auslösen. Des außenpolitischen Abenteurertums im Stil Saddam Husseins hat sich das iranische Regime bislang enthalten. Doch zahlreiche seiner Funktionäre sind Anhänger einer apokalyptischen Doktrin, sie erwarten das baldige Erscheinen des Mahdis, des Erlösers, und könnten versuchen, den Vorgang zu beschleunigen. Auch pragmatische Erwägungen sprechen für eine militärische Konfrontation, denn angesichts der ideologischen, politischen und ökonomischen Krise könnte sie als geeignetes Mittel erscheinen, das Regime noch einmal zu festigen.