Kalter Kaffee

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Bei seinem Indonesien-Besuch in der vergangenen Woche entschied der ehemalige britische Parlamentsabgeordnete George Galloway offenbar, das weltweit bevölkerungsreichste muslimische Land könne eine gesunde Dosis des guten, alten Antisemitismus gebrauchen. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich der Irakkriegsgegner einen Namen als Großbritanniens führender Verteidiger arabischer Diktatoren kurz vor ihrem Abgang gemacht. Er war ein großer Bewunderer Saddam Husseins und scheint auch ein Fan von Bashar al-Assad und Mahmoud Ahmadinejad zu sein. In Jakarta machte er sich anscheinend Sorgen darüber, dass die Indonesierinnen und Indonesier der heiligen Sache der Zerstörung des einzigen jüdischen Staates nicht die nötige Aufmerksamkeit entgegenbringen, also ermutigte er sie, ihre Bemühungen zu verstärken. »Ich sagte ihnen, dass es in Jakarta vielleicht keine israelische Botschaft gibt, aber Starbucks gibt es an jeder Ecke und dort wird die israelische Flagge geschwenkt«, wies Galloway die indonesischen Muslime netterweise auf ein naheliegendes Ziel für antiisraelischen Protest hin.
Einige mögen mit Starbucks ein Unternehmen verbinden, das seinen Beschäftigten nur den Mindestlohn ohne Zuschläge zahlt und jeden feuert, der es wagt, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Aber das stört Galloway nicht, dessen Tage in der Labour Party, aus der er 2003 ausgeschlossen wurde, längst der Vergangenheit angehören. Wie er während seiner Asienreise einige Tage zuvor in Malaysia wissen ließ, »übergibt Starbucks jedes Jahr einen großen Scheck an Israel und betreibt in jeder illegalen Siedlung auf dem besetzten palästinensischen Territorium ein Café«. Was übrigens nicht stimmt. In Israel gibt es keine Starbucks-Filialen mehr.
Offenbar glaubt Galloway an die Mär, dass Starbucks von jedem verkauften Latte Macchiatto einen gewissen Anteil an die israelische Armee spende. Die Profite des Unternehmens würden verwendet, um Waffen mit weißem Phospor zu kaufen. Solche Behauptungen kursieren im Internet. Dass es sich bei dem berüchtigten Brief von Howard Schultz, dem Gründer von Starbucks, in dem er all dies zugibt, um eine Fälschung handelt, ist ausreichend belegt. Das Gleiche gilt für die »Protokolle der Weisen von Zion«, doch das verhindert nicht, dass sie die Bestsellerlisten quer durch die muslimische Welt anführen. Galloway reist weiter durch Asien.